Bereits vor seiner Amtseinführung hat Donald Trump aktives Durchgreifen und eine "Rekordanzahl" an Dekreten angekündigt. Während US-Tech-Firmen sich teuere Plätze bei den Feierlichkeiten kauften, bereiten sich Europäer auf harte Zeiten vor.
Der US-Wahlkampf war hart, die Stimmung in den USA ist nach wie vor aufgeheizt. Ihren Frieden mit dem neuen Präsidenten gemacht haben jedoch die Technologiekonzerne. Tech-Investor Peter Thiel feierte schon am Freitag mit Silicon-Valley-Größen in Washington. Mark Zuckerberg, dem Trump im Wahlkampf noch mit einer lebenslangen Haftstrafe gedroht hatte, will jetzt ebenfalls feiern - nachdem er für Facebook ein Einlenken auf Trumps Linie angekündigt hatte. Amazon-Boss Jeff Bezos hat seine Meinung über Trump ebenfalls gründlich geändert und auch Microsoft hat sich schon auf mehr "Make America great again" eingestellt.
"Trump-Bücklinge aus der US-Wirtschaft"
Nicht gespart wurde bei Spenden, mit denen sich die Teilnahme an den Amtsübernahmefeierlichkeiten erkaufen ließ. Neben bekannten Trump-Weggefährten wie Elon Musk fallen da auch IT-Firmen mit großzügigen Investments auf. Eine unvollständige Liste der angeblich insgesamt für die Feierlichkeiten eingenommene 250 Millionen Dollar hat das US-Magazin Politico veröffentlicht.
"Was bringt es, so viel Geld zu haben, wenn man irgendwann – als Mann in den Vierzigern oder Fünfzigern, der so viel Vermögen hat wie das Bruttoinlandsprodukt eines lateinamerikanischen Landes – nicht aufsteht und ein bisschen Treue zu den amerikanischen Werten zeigt", kritisiert Professor Scott Galloway im Interview bei MSNBC, Zuckerberg, Trump, Bezos und Cook.
"Was bringt es, so viel Geld zu haben, wenn man irgendwann – als Mann in den Vierzigern oder Fünfzigern, der so viel Vermögen hat wie das Bruttoinlandsprodukt eines lateinamerikanischen Landes – nicht aufsteht und ein bisschen Treue zu den amerikanischen Werten zeigt", kritisiert Professor Scott Galloway im Interview bei MSNBC, Zuckerberg, Trump, Bezos und Cook.
Was in Deutschland etwas seltsam erscheint, ist in den USA durchaus üblich und war auch bei den vorhergehenden Amtseinführungen der Fall. Allerdings fällt auf, dass sich die Summen deutlich erhöht haben. Microsoft etwa hat die Höhe seines Spendenschecks verdoppelt, Google gar verdreifacht. Aber auch die CEOs von Uber und OpenAI haben ihre Unterschrift unter Millionen-Schecks gesetzt.
Ebenfalls auffällig ist das intensive Engagement der Krypto-Branche, auf das etwa das Manager-Magazin hingewiesen hat. Das Magazin wird recht deutlich, indem es die Gäste als "Trump-Bücklinge aus der US-Wirtschaft" bezeichnet. Zu denen gehören dann auch Personen, die sich sonst nicht so schnell verbeugen - etwa Apple-Chef Tim Cook, TikTok-CEO Shou Chew, Microsoft-Boss Satya Nadella und Google-Chef Sundar Pichai.
USA eine Kleptokratie nach russischem Vorbild?
Scott Galloway, Professor und Buchautor, erklärt den Andrang in einem Interview mit MSNBC mit der recht unerfreulichen Perspektive, dass unter der Regierung Trump voraussichtlich nur noch Trump-Freunde an öffentliche Gelder kommen werden. Musk habe mit seiner Wahlkampfunterstützung für Trump die lohnendste Investition des vergangenen Jahres überhaupt getätigt.
"Wir sind zu einer echten Kleptokratie geworden", lautet Galloways Fazit. "Meiner Meinung nach können wir nie wieder mit dem Finger auf Russland zeigen, wenn der gewählte Präsident das Vertrauen der Öffentlichkeit missbraucht und Kapital, Marktanteile und Verträge verteilt und damit droht, Auftragnehmer und Regulierungsmaßnahmen gegen Konkurrenten einzusetzen, die seinem Amtseinführungskomitee kein Geld geben oder sich nicht beugen. Wir leben praktisch in einer Kleptokratie. Russland ist das Vorbild, wir werden jeden Tag mehr wie Russland."
Zurückhaltung in Deutschland
"Die USA sind ein starker strategischer und ideeller Partner Europas und Deutschlands. Zur Amtseinführung von Donald Trump befürchten viele Unternehmen hierzulande eine Schwächung dieser transatlantischen Verbindungen", sagt Oliver Süme, Vorstandsvorsitzender des eco-Verbandes, deutlich diplomatischer. Allerdings fordert auch er, "nun auf beiden Seiten des Atlantiks klar und unmissverständlich aufzuzeigen, dass bestehende Vereinbarungen Gültigkeit besitzen und insbesondere auch der transatlantische Datenaustausch weiter in der bestehenden Form ermöglicht wird."
Seine Sorgen sind berechtigt. Erst kürzlich drängten Apple, Meta und Google Trump, gegen das - "übereifrige" Vorgehen der EU bei deren Regulierungsmaßnahmen einzuschreiten. Süme als deutscher Verbandssprecher fordert dagegen: "Wir sollten uns auf die nach wie vor vorhandenen gemeinsamen Werte und Grundprinzipien unserer Volkswirtschaften und Gesellschaften fokussieren und diese als Basis für die weitere Zusammenarbeit und den weiteren Austausch nehmen."
Der Eco-Verband sehe "ein starkes transatlantisches Bündnis als wichtigen Faktor für die Widerstandsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, insbesondere als treibende Kraft in Sachen Innovation und digitaler Transformation."
Zerrüttetes Verhältnis zu den USA
Das Verhältnis ist aber längst nicht mehr so gut, wie das Sümes Worte nahelegen. Der Bitkom etwa hat anlässlich von Trumps Amtseinführung darauf hingewiesen, dass 90 Prozent der Unternehmen vom Import digitaler Technologien und Services aus anderen Ländern - insbesondere aus den USA und China - abhängig seien. "Die Hälfte passt wegen Donald Trump Geschäftsstrategie und Lieferketten an", so der Branchenverband. Und Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst erwartet von der neuen Bundesregierung, dass sie "digitale Souveränität zum Top-Thema" macht.
Traurige Wahrheit ist allerdings auch: Kaum ein Unternehmen in Deutschland (nur 4 Prozent) kommt ohne den Import digitaler Technologien und Leistungen aus. Das fängt bei Smartphones und Laptops an, die 90 Prozent der Unternehmen importieren und geht über Software (75 Prozent) bis zu Cybersicherheit (72 Prozent). Die Hälfte der deutschen Unternehmen bezieht zudem digitale Dienstleistungen wie die Programmierung von Apps oder die IT-Beratung von außerhalb Deutschlands. In rund jedem zehnten Unternehmen (9 Prozent) wissen die Verantwortlichen teilweise jedoch nicht, ob und welche Technologien ihr Unternehmen aus dem Ausland bezieht.
"Digital souverän ist ein Land, das eigene substanzielle Fähigkeiten in digitalen Schlüsseltechnologien besitzt und selbstbestimmt darüber entscheiden kann, aus welchen Ländern es digitale Technologien bezieht", betont Wintergerst. "Die deutsche Wirtschaft braucht starke, vertrauenswürdige Partner für die digitale Transformation. Gleichzeitig müssen wir digital unabhängiger werden, um nicht erpressbar zu sein". Fatal ist, dass gerade bei Schlüsseltechnologien die Abhängig derzeit besonders groß ist. So sehen 83 Prozent Deutschland stark beziehungsweise eher abhängig von Halbleiter-Importen, 69 Prozent bei Komponenten für das Internet of Things sowie 67 Prozent bei Künstlicher Intelligenz.
Was Unternehmen heute schon tun
Laut Bitkom haben bereits 59 Prozent der Unternehmen ihre Lieferanten diversifiziert. Ebenfalls 59 Prozent haben aufgrund politischer Entwicklungen Geschäftsbeziehungen in bestimmte Länder stark reduziert. 42 Prozent haben ihre Lagerbestände vergrößert. Fast jedes dritte Unternehmen (27 Prozent) hat ein spezielles Risiko-Management implementiert. Lediglich 13 Prozent geben an, keinerlei Maßnahmen getroffen zu haben.
"Es ist ein ermutigendes Signal, dass die deutsche Wirtschaft sensibel und mit konkreten Maßnahmen auf die Abhängigkeiten bei Digital-Importen reagiert", sagt Wintergerst. "Die meisten Unternehmen haben die Zeichen der Zeit erkannt. Wichtig ist, dass die Politik diese Bemühungen wirksam flankiert, insbesondere durch innovations- und investitionsfördernde Rahmenbedingungen."
Silberstreif am Horizont
So bedohlich die Situation auch erscheint - eine Chance bietet sie dennoch: Unabhängig davon, was Trump letzlich tatsächlich umsetzt, scheinen die Europäer den Warnschuß diesmal wahrgenommen zu haben. Das bisher eher als "nice to have" gesehene Thema Digitale Souveränität dürfte durch den neuen US-Präsidenten tatsächlich in den Vordergrund rücken. Was sich viele europäische Anbieter schon lange erhoffen, könnte damit wahr werden: Dass "Made in Europe" endlich in der Breite ein wichtiges Merkmal beim IT-Einkauf wird.