Viele Managed Service Provider (MSP) tun sich gerade im Folgegeschäft mit ihren Kunden schwer, weil sie häufig schon beim Aufsetzen der ersten Projekte bei diesen Kunden einige Fehler gemacht haben. Jörg Schumann, Geschäftsführer beim Münchner IT-Dienstleister Net-D-Sign, erklärt, welche Fehler MSPs unbedingt vermeiden sollten.
Jörg Schumann, Geschäftsführer bei Net-d-sign: Zu oft wird mit dem falschen Ansprechpartner beim Kunden gesprochen und auch nicht darauf hingewiesen. Meist ist es der IT-Verantwortliche, und wenn dieser interessiert ist, müssen IT-Dienstleister das gleiche nochmal dem Geschäftsführer und/oder dem Finanzchef erklären. Besser wäre es, man würde diese Personen gleich beim ersten Gespräch dabeihaben, das erspart dem IT-Dienstleister viel Zeit und personelle Ressourcen und bietet dem Kunden die Möglichkeit, Anliegen und Vorstellungen auch von Beginn an auf Führungsebene darzulegen. Oftmals sind strategische Entscheider auf Kundenseite zu spät eingebunden, weil man beim Verkaufen auch nicht den unbequemen Weg gehen möchte.
Jörg Schumann, Net-D-Sign: Dass die MSPs ihre Lösungen sehr gut kennen und alle Antworten der Interessenten dazu beantworten können, davon gehe ich aus. Auf jeden Fall sollten IT-Dienstleister im Vorfeld klären, vor welchen Herausforderungen der Kunde steht und wie er diese bewältigen möchte. Vielleicht will er unbedingt etwas Neues ausprobieren, etwa seine IT-Infrastruktur zumindest teilweise in die Cloud verlagern oder den Cloud-Anbieter wechseln. Vielleicht möchte er aber unbedingt an der Vor-Ort-Installation ("On-Premises") festhalten. So erfährt der MSP vielleicht schon im Vorgespräch, dass der Kunde mit seinen bisherigen Lieferanten oder bestehenden Lösungen unzufrieden ist.
Nun ist das Erstgespräch mit dem Kunden anberaumt - idealerweise auch mit dem Firmenchef. Was sollte hier der MSP auf jeden Fall beachten?
Jörg Schumann: Erstmal gilt es, keine falschen Erwartungen beim Kunden zu erwecken. Viele IT-Dienstleister versäumen es im Erstgespräch, dem Kunden die unbequemen Wahrheiten auf den Tisch zu legen, etwa was mögliche Kostensteigerungen und technische Möglichkeiten anbetrifft. Und versierte MSPs finden rasch heraus, wo der Kunde bisher nicht richtig informiert wurde. Diese Aufklärungsarbeit ist nicht immer angenehm, aber unbedingt notwendig.
Sollte eine derartige Beratung kostenpflichtig sein?
Schumann: Aus meiner Sicht ist dies davon abhängig, wie tief die Beratung geht. Generelle Aufklärungsarbeit - besonders im Erstgespräch - gehört für mich einfach zum guten Service mit dazu. Wenn es aber um tiefere Details und kundenspezifische Lösungsansätze oder eine Anforderungsanalyse geht, ist es schon anders. Dahinter verbirgt sich viel Erfahrung und Kompetenz sowie entsprechender Zeitaufwand, weswegen gute Beratung dann einfach Geld kostet.
Schumann: Das ist nicht immer so. Manche Kunden bringen keinen Anforderungskatalog mit und erwarten "out-of-the-box"-Antworten auf ihre Herausforderungen. Dann bekommt der IT-Dienstleister viel Spielraum. Andere Kunden wiederum haben sehr spezifische und individuelle - um nicht zu sagen eigenwillige - Anforderungen. Dann müssen IT-Dienstleister selbstbewusst und manchmal auch unbequem auftreten. Viele trauen sich das aber nicht zu, was meist im Nachgang zu größeren Problemen führt. Der Kunde wird enttäuscht, weil er auf einmal mit unerwarteten und nicht budgetierten größeren Kostenblöcken konfrontiert wird.
Was sind denn die typischen Kostenfallen?
Schumann: Diese drohen schon bei der Wahl zwischen Cloud- und On-Premises. Viele Kunden glauben, in der Cloud könnten sie unkompliziert Geld sparen, das ist ein Trugschluss. Die eigene IT-Infrastruktur einem Cloud-Provider zu überlassen, ist immer eine strategische Entscheidung.
Einen derartigen Wechsel kann aber nur die Geschäftsleitung beschließen. Zuvor sollte sie sich auf jeden Fall mit allen Stakeholdern, also auch mit den Fachbereichen und der IT-Abteilung, detailliert absprechen und Ziele definieren. Schnelle und unüberlegte Entscheidungen für Cloud-Landschaften können später viel Zeit und Geld kosten. Das sollte der IT-Dienstleister seinem Kunden auf jeden Fall klarmachen und ihm auf keinen Fall jeden Wunsch bedingungslos erfüllen.
Es geht hier also um eine gründliche Anforderungsanalyse, oder?
Genau! Die Analyse der Kundewünsche und die Erstellung des dazugehörigen Anforderungskatalogs ist mit großem Aufwand verbunden und sollte daher dem Kunden immer in Rechnung gestellt werden. Weil aber dabei Kunden Kosten entstehen, neigen viele IT-Dienstleister dazu, sich aus ihrem Baukastensystem zu bedienen und Kunden ihre standardisierten Angebote zu unterbreiten. Für den Kunden mag das auf den ersten Blick auch passen, er sieht ja sofort, welche Kosten auf ihn zukommen. Doch ein "Standardangebot" kann verheerende Folgen haben, wenn etwa bestimmte Eventualitäten nicht berücksichtigt werden. Hier muss der MSP sich beim Kunden manchmal unbeliebt machen.
Denn nur wenn der IT-Dienstleister seinen Kunden genau ausfragt und ihm auch aktiv zuhört, kann er die beste Lösung für ihn herausfinden. Hier wird meiner Erfahrung nach zu viel aneinander vorbeigeredet. Bestimmte - oft relevante - Aspekte des Projekts kommen gar nicht zur Sprache, oder der IT-Dienstleister klebt an seinem oft unberechtigten Hoffnungsprinzip: "Das wird schon klappen!" Dabei sollte jeder MSP so ehrlich sein und alle mit dem Projekt verbundenen strategischen Ziele des Kunden in sein Angebot aufnehmen.
Apropos "dem Kunden gegenüber unbequem sein", das fällt doch vielen IT-Dienstleistern schwer, oder?
Natürlich ist das in den seltensten Fällen einfach und meist auch psychologische sehr herausfordernd. Aber diese Vorgehensweise ist unbedingt notwendig. Besonders wenn Kunden sehr individuelle Vorstellungen haben und auch ihre Prozesslandschaft angepasst sehen möchten, führt dies im Laufe des Projekts oft zu vorher nicht kalkulierten Mehrkosten. Hier sollten Kunden viel öfters ihren Managed Service Providern vertrauen, und auch "unbequeme" Botschaften zur Kenntnis nehmen. Kluge Kunden fordernd das sogar von den sie betreuenden IT-Dienstleistern, denn sie schätzen ihren Erfahrungsschatz aus zahlreichen ähnlich gelagerten Projekten.
Manche Kunden weigern sich aber, die unbedingt notwendigen Anforderungen mit in das Angebot aufzunehmen oder sind nicht bereit, ihre Prozesse im Laufe des Projekts anzupassen. Dabei würden sie damit langfristig ihre laufenden Kosten senken. Wenn es hier zu keinem Konsens kommt, sollte der IT-Dienstleister das angepeilte Projekt erst gar nicht angehen und unter Umständen die Zusammenarbeit mit diesem Kunden beenden. Dies klingt vielleicht nach einem drastischen Schritt, ermöglicht es dem IT-Dienstleister aber die Ressourcen zielgerichtet für andere erfolgsversprechende Projekte einzusetzen.