"Laptop und Labskaus", statt "Laptop und Lederhose": Im jetzt erstmals vom Bitkom vorgelegten Digitalranking der 16 deutschen Bundesländer liegt Hamburg im Gesamtranking mit 73,5 (von 100 möglichen) Indexpunkten auf Platz 1. Es folgt Berlin (71,5 Indexpunkte). Bayern rangiert mit 66,9 Punkten auf Platz drei. Das Schlusslicht ist mit 49,6 Punkten Thüringen - noch hinter Sachsen-Anhalt 52,2 Punkte) und Mecklenburg-Vorpommern (53,2 Punkte).
Das neue Digitalranking des Bitkom erfasst und qualifiziert die Bundesländer Anhand von über 1.200 Datenpunkten. Es unterscheidet dabei zwischen den Bereichen "digitale Wirtschaft", "digitale Infrastruktur", "Governance & digitale Verwaltung" sowie "digitale Gesellschaft". Währen der Spitzenplatz für Hamburg für aufmerksame Beobachter beileibe keine Überraschung ist, fördert die Einzelbetrachtung der vier Teilbereiche ein ganz anderes Bild als das Gesamtranking hervor - und bietet so manche Überraschung.
So liegt im Bereich "Digitale Wirtschaft" Berlin (mit 84,5 Punkten in dieser Kategorie), vor Hamburg (82,0 Punkte) und Bremen (70,8 Punkte, Platz 9 im Gesamtranking). Hier sind die Stadtstaaten also unter sich. Im Bereich "Digitale Infrastruktur" schaffen es zwar Hamburg (84,9 Punkte) und Berlin (81,0 Punkte) ebenfalls wieder auf die Siegertreppe, Bremen fällt aber auf Platz 5 zurück. Dafür mogelt sich Schleswig-Holstein mit (82,5 Punkte, Platz 7 in der Gesamtwertung) in diesem Bereich auf Platz 2 vor.
"Governance & digitale Verwaltung"
Im Bereich "Governance & digitale Verwaltung" liegen erwartungsgemäß Hamburg (64,0 Punkte) und Bayern (60,0 Punkte) vorne. Die beiden Bundesländer sind auch dem "Dashboard Digitale Verwaltung" des Bundesinnenministeriums zufolge am fleißigsten und erfolgreichsten bei der Umsetzung der Vorgaben aus dem Onlinezugangsgesetz (OZG).
Da dies aber nicht der einzige Maßstab der Bitkom-Erhebung war, folgt auf Platz 3 nicht Hessen (wie aufgrund des Dashboards anzunehmen wäre), sondern Sachsen (58,4 Punkte) - obwohl Hessen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern mehr Leistungen nach dem OZG anbieten.
Punkten konnte Sachsen etwa mit gezielten Maßnahmen der Landesregierung, um die Digitalisierung voranzutreiben, etwa einem regelmäßig tagenden "Digitalkabinett" sowie einen "Digitalcheck", mit dem neue Gesetze standardmäßig auf ihre Digitaltauglichkeit überprüft werden. Diese Art von Überprüfung gibt es allerdings auch in sieben weiteren Bundesländern. In Sachsen macht es jedoch die Kombination der Maßnahmen.
"Digitale Gesellschaft"
Lange Gesichter dürfte es vor allem in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Bremen beim Blick auf das Ranking im Bereich "Digitale Gesellschaft" geben. Hier belegen diese drei Bundesländer - um es im Bundesliga-Jargon auszudrücken - die Abstiegsplätze. Wobei Schleswig-Holstein nur haarscharf dem Relegationsplatz entgangen ist.
Überrascht sein dürften viele darüber, wer in diesem Bereich die Spitzenplätze belegt: Hier haben Mecklenburg-Vorpommern (79,1 Punkte), das Saarland (77,4 Punkte) und Sachsen (72,4 Punkte) die Nase vorne - vor Baden-Württemberg und Bayern, die punktgleich die Plätze vier und fünf belegen.
Ziele und Methode des Bitkom Länderindex
"Mit dem Bitkom Länderindex werden die 16 Bundesländer in puncto Digitalisierung vergleichbar gemacht", sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. "Es zeigen sich enorme Unterschiede zwischen den digital führenden Ländern und den Nachzüglern. Aber die meisten Länder erzielen in einzelnen Bereichen Top-Werte."
Für den Länderindex hat der Bitkom eine Abfrage bei allen 16 Landesregierungen vorgenommen sowie "eine Vielzahl" an Drittstudien und amtlichen Statistiken ausgewertet. Abgerundet wird das Bild durch die Ergebnisse einer Befragung von mehr als 5.600 Bürgerinnen und Bürgern durch Bitkom Research.
Der Bitkom Länderindex ist aber beileibe kein Selbstzweck. "Vor allem geht es darum, dass wir Fortschritte und Defizite in der Digitalpolitik der 16 Länder identifizieren und vergleichbar machen", sagt Wintergerst. "Wo gibt es Best Practices? Was können die Länder voneinander lernen? Wo brauchen wir mehr Tempo bei der Digitalisierung? Diese und andere Fragen können wir jetzt beantworten."
Stadtstaaten schneiden tendenziell besser ab
Die drei Stadtstaaten (Berlin, Hamburg und Bremen) kommen im Gesamtranking im Durchschnitt auf 68 Punkte, die 13 Flächenländer hingegen nur auf 58 Indexpunkte. "Dass in den dichtbesiedelten Stadtstaaten leichter Glasfasernetze ausgebaut oder mit Mobilfunkmasten schneller eine hohe 5G-Abdeckung erzielt werden kann, liegt auf der Hand", sagt Wintergerst dazu.
"Gleichwohl zeigen Länder wie Schleswig-Holstein oder auch Niedersachsen, dass der Ausbau durch politische Maßnahmen auch in Flächenländern entscheidend vorangebracht werden kann", betont er. "Die Länder hängen nicht vom Bund oder der EU ab, sie haben die Digitalisierung selbst in der Hand."
Empfehlungen für eine bessere Platzierung im nächsten Ranking
Das Ranking soll künftig alle zwei Jahre vorgelegt werden. Ländern, die sich darin verbessern wollen, empfiehlt der Bitkom unter anderem die Schaffung und Stärkung von Ökosystemen für Innovation und Gründung. "Wer die heimische Wirtschaft unterstützt, stärkt nicht nur seine Wettbewerbsfähigkeit, sondern macht sich auch für Gründerinnen und Gründer sowie die dringend benötigten IT-Fachkräfte attraktiv", betont Wintergerst. Im Bereich "digitale Infrastruktur" komme es vor allem darauf an, den bereits beschlossenen Bund-Länder-Pakt zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung zügig umzusetzen und Maßnahmen zum beschleunigten Mobilfunk- und Glasfaserausbau in den Landesbauordnungen zu verankern.
Den Landesregierungen legt der Bitkom eine eigenständige Digitalzuständigkeit auf Landesebene nahe. CDO oder CIO eines Bundeslandes sollten sich ausschließlich um Digitalisierungsthemen kümmern können und nicht mit weiteren Zuständigkeiten belastet werden. Zentral sei außerdem die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes - auch bei angespannter Haushaltslage.
Ebenfalls wichtig und als Thema der Kultusministerien eindeutig Ländersache, sei die Förderung der digitalen Teilhabe - etwa durch Einführung von Informatik und Medienbildung als Pflichtfach ab Sekundarstufe 1. Auch den Ausbau von Lehrstühlen für die Didaktik der Informatik rechnet der Bitkom dazu. Zudem müssten "niedrigschwellige Angebote zur Förderung digitaler Teilhabe und digitaler Kompetenzen" in allen Bundesländern eingeführt und ausgebaut werden.
Als positives Signal sieht der Bitkom die neu geschaffene Digitalministerkonferenz der Länder (DMK). Denn, so betont Wintergerst: "Für einen starken und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort Deutschland brauchen wir gleichwertige Verhältnisse im ganzen Land, gerade auch in der Digitalisierung."