Die deutsche Start-up-Szene hat zuletzt goldene Zeiten erlebt. Doch bereits 2022 hielten sich die Geldgeber zurück - die Investitionen brachen ein. Nun zeichnet sich der nächste Dämpfer ab.
Die Investments in deutsche Start-ups sind weiter eingebrochen. Von Januar bis Juni 2023 warben Wachstumsfirmen rund 3,1 Milliarden Euro ein - 49 Prozent weniger als im ersten Halbjahr des Vorjahres. Das geht aus einer neuen Analyse der Beratungs- und Prüfungsgesellschaft EY hervor. Die Zahl der Finanzierungsrunden reduzierte sich demnach auf 447, nach 549 im Vorjahreszeitraum.
Start-ups sind auf finanziellen Rückenwind von Investoren angewiesen, da sie anfangs keine Gewinne schreiben. In der Corona-Pandemie hatten sie einen Boom erlebt. Im Rekordjahr 2021 hatten Investoren laut EY 17,4 Milliarden Euro in aufstrebende Unternehmen gepumpt - rund 7,6 Milliarden davon in den ersten sechs Monaten des Jahres. Start-ups hatten unter anderem davon profitiert, dass Geld billig war und die Digitalisierung in Corona-Zeiten einen Schub bekam - zum Beispiel bei Finanzgeschäften, Online-Shopping oder Essenslieferungen.
Angesichts steigender Zinsen sowie der Unsicherheit um Ukraine-Krieg und Konjunktur saß das Geld aber bereits 2022 nicht mehr so locker: Die Gesamtsumme brach um 43 Prozent auf rund 9,9 Milliarden Euro ein, davon entfielen rund 6 Milliarden auf das erste Halbjahr.
Weniger große Deals
Nun setzt sich der Rückgang mit großen Schritten fort. Der erneute Einbruch liegt laut EY vor allem daran, dass es weniger große Deals gab. Bis einschließlich Juni gab es nur fünf Abschlüsse, die einen Wert von mehr als 100 Millionen Euro hatten. Im Jahr 2022 waren es noch 15.
Das Finanzierungsumfeld für Start-ups ist nach Ansicht von EY-Partner Thomas Prüver derzeit schwierig. Dies habe mehrere Gründe wie die großen geopolitischen Risiken, den hohen Inflationsdruck, das hohe Zinsniveau und die schwache Konjunkturentwicklung. Jungunternehmen müssten nun den Weg zur Profitabilität aufzeigen. "Das ist der klare Fokus, den Investoren sehen wollen", sagte er.
Die Gründermetropole Berlin bekam die anhaltende Krise ebenfalls zu spüren. Mit mehr als 1,4 Milliarden Euro sammelten Start-ups aus der Hauptstadt im ersten Halbjahr zwar erneut das meiste Geld ein. Ein Jahr zuvor waren es aber noch 3,4 Milliarden - mehr als doppelt so viel. Es folgten Wachstumsfirmen aus Bayern, wo das eingeworbene Risikokapital um 27 Prozent auf 851 Millionen Euro zurückging. Mit deutlichem Abstand folgten Hamburg und Nordrhein-Westfalen.
Von den zehn größten Finanzierungsrunden entfielen fünf auf Berlin. Bundesweit das meiste Geld floss mit jeweils 215 Millionen Euro an das Berliner Solar-Start-up Enpal und das Energiewende-Unternehmen 1Komma5Grad aus Hamburg.