Vor mehr als zehn Jahren erschien die erste Version des Raspberry Pi. Der Mini-Computer hat seitdem eine große Fangemeinde angezogen. Wir schauen auf die Entwicklung des Raspi zurück.
Kürzlich wurde an die Raspberry Pi Foundation die Frage herangetragen, wann die Version 5 des Einplatinen-Computers Raspberry Pi erscheinen wird. Die Antwort war für die Fans des Raspi etwas ernüchternd: Ein neuer Raspberry wird nicht vor 2024 erscheinen.
Auch nach zehn Jahren ist die Nachfrage ungebrochen. Zwar war der Raspberry Pi nicht der erste Einplatinen-Computer im Kreditkarten-Format, aber im Gegensatz zu den damals bereits etablierten Arduino-Microcontrollern war der Raspberry Pi als vollwertiger Computer anzusehen, verfügte er doch von Anfang an über einen Grafik-Chip, USB-Buchsen für Tastatur und Maus und eine Sound-Ausgabe. Später kam dann auch ein WLAN-Modul hinzu. Die Unterstützung durch ein etabliertes, linuxbasiertes Betriebssystem sorgte zusätzlich für schnelle Verbreitung. Somit war der Raspberry Pi direkt zum Start sowohl für Programmier-Einsteiger und Tüftler als auch für "normale" Anwender die erste Wahl eines universell einsetzbaren Micro-Computers.
Zero, Pico & Co - die Raspberry-Pi-Baureihen
In einem umfassenden Überblick darf eine Differenzierung der unterschiedlichen Raspberry-Baureihen nicht fehlen. Die Entwicklungsgeschichte ist nie ganz linear verlaufen - immer wieder gab es verschiedene Editionen für unterschiedliche Zielgruppen. Hier sind die Modelle "Pico" und "Zero" zu nennen, die speziell auf Bastlerkreise, Hobbyisten und industrielle Anwendungen zugeschnitten wurden.
Die Platinen der Zero-Baureihe sind kaum größer als ein Arduino und im aktuellen "Zero 2 W" mit einem Quadcore-ARM-Prozessor mit 64 Bit ausgestattet, der mit 1 GHz Taktfrequenz arbeitet. Zudem sind 512 MB RAM an Bord - mehr als genug für Steuer-, Mess- und Regelzwecke. Der erste Raspberry Zero erschien bereits 2015 und war für einen Kampfpreis von 5 US-Dollar erhältlich.
Noch kompakter ist die Pico-Reihe, die für den Geräteeinbau vorgesehen ist, hierfür wurden aus Platzgründen die GPIO-Pins eingespart. Derzeit gibt es das Modell RP2040, der mit einem Dualcore-ARM-Prozessor und lediglich 264 kB RAM ausgestattet ist.
Die Modelle B und B+
Allgemein bekannt und geläufig sind die B-Modelle des Raspberry Pi. Vereinzelt tauchten auch Sparmodelle einer A-Reihe auf, die ohne LAN-Anschluss daherkamen. Hier erging jedoch stets die Empfehlung, gleich zum B-Modell zu greifen.
Das B-Modell des Raspberry Pi 1 war auch das erste, welches 2012 im Fachhandel erhältlich war. Zuerst waren lediglich 256 MB RAM verbaut, spätere Versionen kamen dann mit 512 MB auf den Markt. Von Anfang an war die populäre GPIO-Leiste auf der Platine enthalten sowie Fast Ethernet, HDMI, zwei USB-Anschlüsse sowie eine Klinkenbuchse für Audio-Ausgabe in Mono. Ein AMRv6-Chip mit 700 MHz trieb das Board an. Etwas später kam dann das Modell B+ heraus, welche künftig als Referenz diente. Die GPIO-Leiste wurde auf 40 Pins erweitert, vier USB-Anschlüsse sorgten dafür, dass neben Tastatur und Maus weitere Peripherie angeschlossen werden konnte. Mit der Version B+ vollzog sich auch ein Wechsel von Standard- auf Micro-SD-Karten als Speichermedium.
Mehr Speed und neue Features
Spätestens ab der Version 2 des Raspberry-Pi-B-Modells wurde der kleine Allrounder erwachsen und verlor das Image des reinen Bastelrechners. Der ARMv7-Prozessor machte den kleinen Computer zu einem ernstzunehmenden Rechner auch für alltägliche Zwecke. Erstmals konnten spezielle ARM-Versionen von Ubuntu-Linux und sogar Windows auf dem Raspi eingesetzt werden. Der Arbeitsspeicher wurde auf das Doppelte vergrößert, als Prozessor wurde ein Broadcom BC2836 verbaut, dessen Quadcore mit 900 MHz arbeitete.
Im Jahr 2016 erschien dann der Raspberry Pi 3B. Mit dieser Version hob man den Anspruch hervor, mit dem Raspi 3B einen vollwertigen Ersatz für einen Desktop-PC vorzufinden. Erstmals waren WLAN 802.11n und Bluetooth 4.1 an Bord. Als Prozessor kam hier der Broadcom BCM2837 mit 1,2 GHz zum Einsatz. Die Stromversorgung, die via Micro-USB realisiert wurde, konnte nun bis auf 2,5 Ampere erhöht werden, sodass auch energiehungrige USB-Geräte problemlos betrieben werden konnten. Hinzu kamen zwei neue Schnittstellen auf der Raspberry-3B-Platiene: ein CSI-Port für eine herstellereigene Kamera sowie ein DSI-Anschluss, um erstmals auch Touchscreens mit dem Raspi verbinden zu können.
Zwei Jahre später kam der B+-Nachfolger des Raspberry Pi 3 heraus. Hier wurde der Ethernet-Anschluss auf 1 GigaBit erhöht, tatsächlich konnten jedoch "nur" 300 MBit genutzt werden, weil USB 2.0 den LAN-Anschluss ausbremste. Der Pi 3 B+ war mit einem ARMv8-Prozessor des Typs Broadcom BCM2837B0 mit 1,4 GHz ausgestattet. WLAN funktionierte nun auf 2,4 und 5 GHz.
Der aktuelle Stand: Raspberry Pi 4 B
Im ersten Quartal 2019 erschien die Version B des Raspberry Pi 4, der bis heute den aktuellen Stand darstellt. Die Rechnerplatine wurde einem komplett neuen Layout unterzogen, sodass der aktuelle Raspberry Pi nicht mehr mit Gehäuseformen seiner Vorgänger kompatibel ist. Beim Arbeitsspeicher setzt man jetzt auf LPDDR2-RAM und die Käufer können jetzt zwischen Speicherausstattungen mit einem, zwei, vier oder acht GB auswählen. Von den vier USB-Anschlüssen sind jetzt zwei mit dem schnelleren USB-3.0-Standard versehen. Die Energieversorgung geschieht nun über einen USB-C-Anschluss. Um weiterhin die Desktop-Klientel anzusprechen, sind gleich zwei Micro-HDMI-Anschlüsse integriert, die in der Lage sind, zwei 4K-Displays zu bespielen. Bei Nutzung nur eines HDMI-Ports sind 60 Einzelbilder pro Sekunde möglich, bei gleichzeitiger Nutzung beider HDMI-Anschlüsse halbiert sich die Framerate.
Der Ethernet-Anschluss des Raspberry Pi 4B kann jetzt "echte" 1 GBit verarbeiten. Als CPU arbeitet ein 1,5-GHz-Quadcore-Prozessor vom Typ Broadcom BCM2711. Die Anschlussleisten für Kamera und Touchdisplay wurden vom Vorgänger beibehalten, ebenso der mechanikfreie Micro-SD-Slot. Bluetooth läuft jetzt auf Standard 3. All diese Features fordern natürlich entsprechende Stromstärken: Für ein stabiles Arbeiten ist inzwischen ein 3-A-Netzteil absolutes Minimum.
"Viel Strom" bedeutet jedoch auch "viel Wärme". Ein deutliches Manko des aktuellen Raspberry Pi 4B ist die Wärmeentwicklung, wenn der Kleine richtig arbeiten muss. Wer diesen Rechner z. B. als Mediacenter oder Desktop-PC mit Multimedia-Anwendungen nutzen möchte, kommt um Kühlkörper und/oder eine aktive Luftkühlung nicht herum. Immerhin besitzt der Raspi 4 so viel CPU-Power, dass dieser eine Arbeitsgruppe mit Cloud-Anwendungen (z. B. Nextcloud) versorgen kann. Und auch die Windows-10-ARM-Version läuft auf dem Vierer-Raspi einwandfrei.
Raspberry Pi 400 - C64-Retro oder ernstzunehmender Rechner?
Wer in den 1980er Jahren aufgewachsen ist, dem wird der Commodore C64 geläufig sein. CPU und sämtliche Anschlüsse in einem Tastaturgehäuse, an dem nur ein Fernsehgerät als Bildschirm angeschlossen werden musste - mehr hat es für damaligen Computer-Spaß nicht gebraucht. Diese Design-Idee erlebt seit November 2020 mit dem Raspberry Pi 400 ein Revival: In einem kompakten Tastaturgehäuse sind ein Raspberry-Pi-4B-Bord sowie sämtliche Anschlüsse enthalten. In einem Komplett-Kit ist eine Maus, ein USB-Netzteil sowie ein HDMI-Kabel enthalten. Wie beim C64 muss nur noch ein Monitor angeschlossen werden. Insgesamt wiegt der Raspberry Pi 400 etwa 400 Gramm.
Ausgestattet ist der Raspberry Pi 400 mit einem BCM2711-Cortex-A72-Prozessor, der mit 1,8 GHz läuft. Als Arbeitsspeicher sind vier GB LPDDR4-RAM enthalten. Die Verbindung zur Außenwelt stellen WLAN-ac, Gigabit-LAN, Bluetooth 5.0 und USB 3.0 her. Auch auf die GPIO-Pins wurde nicht verzichtet. Dieses Rechnerkonzept macht nicht nur viel Spaß, sondern kann auch einen herkömmlichen Desktop-PC problemlos ersetzen - völlig geräuschlos und mit etwa einem Zehntel des Stromverbrauchs, den ein PC benötigt.