Wie ticken eigentlich Straftäter? Mit virtuellen Brillen und Simulationen wollen ihnen Wissenschaftler auf die Spur kommen. Doch sind die Forschungsergebnisse mehr als nur reine Theorie?
Einmal in die Welt von Straftätern eintauchen, sich mit moderner Technologie in die Rolle eines Einbrechers begeben oder in eine Kneipenschlägerei verwickelt werden: Was den Anschein einer wilden Spielerei und Spinnerei erweckt, ist am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht in Freiburg tatsächlich möglich. Dort wurde am Freitag ein neues Labor zur Erforschung von Kriminalität eröffnet.
Nach Angaben des Instituts ist es das erste eigenständige Forschungslabor, das bei Studien und Experimenten sogenannte Virtual-Reality-Technik einsetzen soll. Dabei erzeugen Computer eine virtuelle Umgebung. "Wir stellen realistische Szenen nach", sagt der Leiter der Abteilung Kriminologie am Freiburger Max-Planck-Institut, Jean-Louis van Gelder.
Mit Hilfe von Headsets und moderner Technologie sollen Testpersonen in bestimmte Situationen versetzt werden. Die Wissenschaftler beobachten dabei unter anderem die Augen der Menschen und analysieren ihre Bewegungsmuster. Die Forscher wollen herausfinden, wie Straftäter ihre Entscheidungen treffen und was in ihnen vorgeht, während sie eine Straftat begehen.
Straftaten werden meist unbeobachtet begangen
"Wir wissen viel über Kriminalität, aber wenig über das Kriminalitätsverhalten, weil die meisten Straftaten unbeobachtet entstehen", sagt van Gelder. Es gehe darum, Verbrechen und Täter zu verstehen. Die Forschungsergebnisse sollen in die Ausbildung von Polizei und Justiz einfließen und dabei helfen, neue Strategien und Gesetze zu erarbeiten.
Bei dem Labor handle es sich um mehr als reine Spielerei, meint der Bund Deutscher Kriminalbeamter. Zwar wisse der Verband nicht, was sich in dem Labor genau abspielen wird. Allerdings sei die Virtual-Reality-Technik schon jetzt beispielsweise hilfreich, um Tatorte zu konstruieren.
Auch das baden-württembergische Innenministerium will sich mit den Kriminologen austauschen und eine Zusammenarbeit im Bereich der polizeilichen Sicherheitsforschung prüfen. "Kriminologische Forschung kann erheblich dazu beitragen, ein genaueres Bild des tatsächlichen Kriminalitätsgeschehens zu zeichnen", erklärt eine Sprecherin. So sei es etwa möglich, das Zeugen- und Opferverhalten besser einzuordnen.
Wie das klappt, soll ein virtueller Wohnungseinbruch bei einem Versuch des Max-Planck-Instituts zeigen: Testpersonen tauchen in ein Wohngebiet ein und erkunden die Region, als ob sie zu später Stunde dort einbrechen wollten. Doch das virtuelle Wohngebiet ist dicht besiedelt - die Wege sind hell beleuchtet, aus den Wohnungen kommen Geräusche. Die Forscher wollen herausfinden, ob sich die Einbrecher davon abschrecken lassen. Haben die Täter mehr Angst? Planen sie ihre Tat anders? Kann ein Einbruch damit sogar verhindert werden? Auf diese Fragen erhoffen sich die Wissenschaftler schon bald Antworten.