Wir haben das neue iPhone SE der dritten Generation getestet und müssen leider sagen: Apple hat eine Chance verpasst.
Apple hatte auf seiner "Peek Performance"-Keynote Anfang März so manche Überraschung parat – für sein iPhone SE der dritten Generation erntete Apple jedoch viel Kritik. Die Unterschiede zum Vorgängermodell (alle Infos) von 2020 seien zu geringfügig, Nutzer empfanden das neue Einsteiger-iPhone sogar als "Frechheit". Ganz unberechtigt ist die Kritik nicht, große Veränderungen gab es nun wirklich nicht und dass Apple obendrein den Preis um rund 40 Euro erhöhte, stieß ebenfalls auf viel Unverständnis. Ich habe das SE 3 nun ein paar Tage im Dauertest und muss sagen: Apple hat eine riesengroße Chance verpasst, der Konkurrenz zu zeigen, wo der Hammer hängt.
Weniger ist mehr ... oder nicht?
Ja, es stimmt: Apple bedient sich beim neuen iPhone SE an einem Design, das wir zuletzt beim fünf Jahre alten iPhone 8 gesehen haben. Warum das "alte" Design aber auch 2022 noch durchaus modern ist, erkläre ich an anderer Stelle ausführlich, weshalb ich mich an dieser Stelle kurz halten möchte: Das aktuelle iPhone SE ist immer noch ein schönes Smartphone! Es ist schön handlich, mit gerade mal 144 Gramm schön leicht (im Vergleich zum iPhone 13 sogar 29 Gramm leichter) und der Home-Button hat durchaus seine Vorteile.
Natürlich muss man dafür ein kleineres Display und dicke, schwarze Balken in Kauf nehmen, doch ich habe die Erfahrung gemacht, dass das alles nur eine Frage der Gewöhnung ist. Nach ein paar Tagen Nutzung habe ich das iPhone 13 Pro, welches davor mein Daily-Driver war, kaum vermisst. Zudem hat mir das iPhone SE 3 gezeigt, dass manche Features in den Pro-Modellen zwar nice-to-have sind, ich diese im Alltag aber eigentlich überhaupt nicht benötige.
Im ersten Moment war die Umstellung von einem 120-Hertz-Display (von Apple "ProMotion" genannt) auf ein 60-Hertz-Display irritierend. Unvorstellbar, wie man bis 2021 ein iPhone nutzen konnte, dass ohne diese Technologie auskommen musste. Das iPhone SE hat mich jedoch recht schnell wieder daran erinnert, dass ich das iPhone nicht wegen extrem flüssiger Animationen liebe. Tatsächlich fallen mir die (im Vergleich zum 120-Hertz-Display) kleinen Animations-Ruckler gar nicht mehr auf.
Auch das ausgeklügelte Kamera-System im iPhone 13 Pro (bestehend aus Tele, Weitwinkel und Ultraweitwinkelobjektiv) vermisse ich nicht wirklich. Die einfache 12 MP Weitwinkel-Kamera auf der Rückseite des SE 3 hat mir gezeigt, dass ich das iPhone eh nur für gelegentliche Schnappschüsse gebrauche. Eine Ultraweitwinkel-Kamera wäre in der Tat schön gewesen, doch auf den Zoom kann ich getrost verzichten, der konnte mich nämlich auch selbst nicht im iPhone 13 Pro wirklich überzeugen. Allerdings sollte man beim iPhone SE erst gar nicht auf die Idee kommen, brauchbare Zoom-Foto schießen zu wollen.
Das Gleiche gilt für den Portrait-Modus. Dem iPhone 13 Pro gelingt dank LiDar-Scanner bessere Bokeh-Effekte, doch je nach Motiv passieren auch hier noch genügend Fehler, die mich einfach stören. Beim iPhone SE 3 habe ich bei einer solch einfachen Kamera erst gar nicht so hohe Erwartungen an das Ergebnis – im Gegenteil. Bei manchen Aufnahmen habe ich mir gedacht: "Ach, schau mal an: Erstaunlich, was auch ohne Pro-Kamera so geht". Und für Fotos, die zum Großteil eh dazu verdammt sind, im digitalen Archiv des iPhone zu "verstauben", reicht eben auch eine einfach 12-MP-Weitwinkelkamera. Zumindest für mich. Der A15-Chip mag nochmal an der einen oder anderen Stelle ein wenig herausholen, doch auch hier kann Apple keine Wunder bewirken. Die Kamera ist gut, mehr aber auch nicht.
5G spielt für mich auf dem iPhone SE 3 eine ebenso große Rolle wie auf dem iPhone 13 Pro: nämlich keine. Wenn Sie das Glück haben, in einer Region zu wohnen, in der die 5G-Netzabdeckung ein Tarif-Upgrade rechtfertigt, möchte ich Sie an dieser Stelle beglückwünschen. Für mich schafft das neue 5G-Feature im SE 3 daher keinerlei Kaufanreiz. Und selbst wenn: Man könnte nun eben auch auf dem SE 3 im ultraschnellen 5G-Netz surfen. Der Punkt ist recht schnell abgehakt.
Der A15-Chip hingegen ist einfach unglaublich. Während des Testens musste ich ständig an diesen einen Tweet denken, der mir in die Timeline gespült wurde:
Und ich muss dem Verfasser recht geben: Es wirkt fast schon etwas übertrieben, wie gut die Performance auf einem iPhone ist, das optisch auch aus dem Jahr 2017 kommen könnte. Die Apps öffnen sich ohne Verzögerung, die Touch-ID funktioniert in meiner Wahrnehmung sogar schneller als Face-ID auf dem iPhone 13 Pro. Der größte Vorteil dürfte sich in seiner Update-Garantie äußern. Wer sich heute für ein iPhone SE der dritten Generation entscheidet, kann dieses auch noch in fünf bis sechs Jahren nutzen. Es sei denn ...
Es hätte so gut werden können
... der Akku macht bis dahin schlapp. Sind Sie ein Heavy-User? Dann lassen Sie bloß die Finger vom iPhone SE 3! Die Akku-Kapazität unseres Test-Geräts liegt natürlich bei 100 Prozent, und trotzdem ist wohl der Akku die größte Schwachstelle im neuen Einsteiger-iPhone. Auf meiner heutigen Fahrt ins Büro habe ich Musik gestreamt und mich von der Karten-App navigieren lassen. Das hat ganze 14 Prozent Akku gekostet – in gerade mal 22 Minuten.
Das Erste, was Sie also nach dem Auspacken Ihres neuen iPhone SE 3 machen sollten, ist den Strom-Sparmodus zu aktivieren. Doch selbst dann sinkt der Akku-Stand deutlich schneller als bei einem Pro-Modell. Laut Apple wurde die Akku-Laufzeit verbessert – A15-Chip sei Dank –, doch hängt die Akku-Leistung immer noch weit der eines iPhone 13 hinterher. Und das, obwohl der neue Akku anscheinend rund zehn Prozent größersein soll als der des Vorgängers. Man kommt damit über den Tag, doch muss ich zugegeben, dass sich in mir eine innere Unruhe ausbreitete, wenn der Akkustand bereits vor dem zweiten Kaffee unter 80 Prozent lag.
Doch das iPhone SE 3 bietet so viel Potenzial! Potenzial, welches Apple verschenkt hat. Dass der Akku nicht nennenswert größer geworden ist als sein Vorgänger-Modell, ist mir einfach unverständlich. Aber immerhin: Wenn Sie ein 20W-Netzteil oder höher verwenden (natürlich nicht im Lieferumfang mit enthalten), können Sie Ihr iPhone SE 3 mit Schnellladen in etwa 30 Minuten von Null auf 50 Prozent laden.
Ein Feature, welches ich schmerzlich vermisse, ist Magsafe. Wie schön wäre es, wenn man das SE 3 im Auto einfach an eine magnetische Halterung befestigen könnte, welches gleichzeitig das Smartphone lädt! Allerdings wäre das SE 3 nicht mit den Wallets kompatibel, da sie nämlich minimal größer als das iPhone SE 3 selbst sind. Diesen Umstand hätte selbst Apple nicht als Feature verkaufen können.
Fazit
Wenn Sie bis jetzt noch nicht an meiner Urteilskraft gezweifelt haben, werden Sie es vermutlich jetzt tun: Denn tatsächlich gefällt mir das SE 3 sehr gut. Sie dürfen gerne von unfreundlichen Leser-Kommentaren absehen – ich weiß selber, wie verrückt das klingt (über konstruktive Kritik freue ich mich umso mehr!). Natürlich kommt das iPhone SE 3 mit weniger als ein Pro-Modell aus, doch hat mir die neue Special-Edition gezeigt, dass manchmal weniger auch mehr sein kann. Viele Pro-Features nutzt man so selten, dass man auch ganz darauf verzichten kann.
Mein größter Kritik-Punkt ist der Akku, viele Nutzer werden wohl gerade deshalb von einem Kauf absehen. Ist der Preisaufschlag gerechtfertigt? Auf keinen Fall, der A15-Chip ist zwar hervorragend und auch 5G mag für manche User ein attraktives Feature sein, doch insgesamt zu wenig, als dass man im Vergleich zum Vorgänger noch tiefer in die Tasche greifen mag. Zumal man mit Blick auf die Konkurrenz in vielerlei Hinsicht für das gleiche Geld weniger bekommt. Das SE 3 ist aber aktuell das beste und gleichzeitig günstigste iPhone, das man bekommen kann.
Wobei das iPhone 11 bei Apple nur 60 Euro mehr kostet und dafür Features liefert, die für manche Nutzer deutlich ansprechender sind. Apple hat es meiner Meinung nach vermasselt, ein tolles Einsteiger-iPhone noch besser machen zu können, wenn es nur das ein oder andere Feature mit integriert hätte.