Wenn Manager deutscher Telekommunikationsfirmen über den Internetausbau sprechen, gibt es verschiedene Vorstellungen, aber einen gemeinsamen Feind: die staatliche Bürokratie. Das soll sich ändern.
Mit schnelleren Genehmigungsverfahren, unkomplizierter Verlegetechnik und dem Ende der Zettelwirtschaft will Digital- und Verkehrsminister Volker Wissing den Ausbau von Glasfaser-Internet in Deutschland beschleunigen.
Der Liberale stellte am Donnerstag in Berlin Eckpunkte einer Gigabitstrategie vor mit Vorschlägen für einen zügigen Ausbau. "Die derzeitige Situation ist verbesserungswürdig", sagte er.
Gelinge der Kurswechsel, könnte Deutschland sogar zu einem Vorzeige-Staat in Sachen Highspeed-Internet werden, erklärte Wissing. "Wir brauchen schnellen Fortschritt und mehr Tempo." Die Umsetzung der Vorschläge liegt aber im Wesentlichen bei den Bundesländern.
Glasfaser bis in die Wohnung
Die Maßnahmen sollen dazu führen, dass Ende 2025 in mindestens der Hälfte der Haushalte Highspeed-Festnetz verfügbar ist - also "Fiber to the Home", Glasfaser bis in die Wohnung und nicht nur bis zum grauen Verteilerkasten in der Straße. "Bis zum Jahr 2030 wollen wir Glasfaser bis in jedes Haus und den neuesten Mobilfunkstandard für alle", sagte Wissing. Das seien ambitionierte Ziele, die in einem Schulterschluss zwischen Internetbranche, Bund, Ländern und Kommunen aber machbar seien.
Zum Jahresbeginn lag der Glasfaser-Anteil nur bei gut einem Fünftel, wie aus einem Bericht der Bundesnetzagentur hervorgeht. Als versorgt galten demnach 8,9 Millionen Haushalte, von denen allerdings nicht einmal ein Drittel das Glasfaser nutzte und entsprechende Verträge hatte - der Rest verzichtete darauf.
Ein Kernpunkt der Strategie, die Empfehlungscharakter hat, sind kürzere Genehmigungsverfahren. "Wir bitten die Bundesländer, im Baurecht Gesetzesanpassungen bis Ende dieses Jahres vorzunehmen", sagte der Minister. Sein Bundesministerium sieht er hierbei als zentralen Ansprechpartner, damit die Länder ihre unterschiedlichen Regeln vereinheitlichen und entschlacken können.
Er sprach sich zum Beispiel dafür aus, dass Genehmigungsverfahren komplett digitalisiert werden und Firmen schon vor Erteilung der Baugenehmigung loslegen dürfen. Damit kommt der FDP-Politiker einer Forderung der Telekommunikationsbranche nach. Die Logik dahinter: Am Ende langwieriger Genehmigungsverfahren bekommen die Internetfirmen in den allermeisten Fällen ohnehin grünes Licht - die lange Wartezeit hätte man sich also sparen können.
Neue Verlegetechnik beim Ausbau?
Wissing plädierte zudem für die Nutzung von neuer Verlegetechnik. Beim "Trenching" etwa wird der Bürgersteig nur aufgeritzt und das Kabel dann nur 15 bis 30 Zentimeter tief gelegt - anstatt einen großen Teil des Gehsteiges aufzureißen, tief zu buddeln und das Kabel in 70 Zentimenter Tiefe zu positionieren. Der Bundesminister betonte, dass die verstärkte Nutzung einer solchen Technik Tempo bringen würde in den Glasfaser-Ausbau. "Mit Hilfe von Pilotprojekten von Bund, Ländern und der Branche wollen wir hier Potenziale aufzeigen und Vorbehalte abbauen." Rechtliche Fragen müssten geklärt werden.
Wissing hatte sich am Donnerstag mit Vertretern der Telekommunikationsbranche zusammengesetzt, danach trat er an der Seite von Bernhard Rohleder vom Branchenverband Bitkom vor die Presse. Das Dokument habe sehr viel Substanz, müsse in einzelnen Punkten aber noch konkretisiert werden, lobte der Hauptgeschäftsführer des Verbands das Papier. Es sei gut, dass der Bund nicht neues Fördergeld bereitstellen wolle, sondern auf die Kraft der Privatwirtschaft setze, so Rohleder.
Das gehört zu den Absurditäten des hiesigen Internetausbaus: Große Teile der Branche scheuen Fördergeld wie der Teufel das Weihwasser. Sie monieren, dass solche Förderverfahren quälend langsam seien und Baufirmen bänden, die an anderer Stelle dringender gebraucht würden.
Investition von rund 50 Milliarden Euro
Wissing verwies darauf, dass die Telekommunikationsbranche in Deutschland bis Ende 2025 rund 50 Milliarden Euro in den privatwirtschaftlichen Ausbau stecken wolle. Zusätzliche Fördermittel seien nicht nötig, so der Liberale. "Mehr Geld hilft nicht, sondern weniger Bürokratie und passgenauere Regelungen helfen."
Auch aus anderen Teilen der Telekommunikationsbranche kamen positive Rückmeldungen, es klang aber auch eine gewisse Skepsis durch. Denn was passiert, wenn die Vorschläge verpuffen und die Länder weiter machen wie bisher? Dann würden die Internetfirmen auch künftig über die Irrungen und Wirrungen des Föderalismus stöhnen. Wissing, der bis 2021 Landeswirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz war, gab sich unverdrossen. Alle Regierungen der 16 Bundesländer hätten ihren Bürgern besseres Internet versprochen, sagte er. "Ich nehme alle 16 Landesregierungen beim Wort."