Die Ablösung des veralteten und unsicheren PC-Betriebssystems Windows 7 ist überfällig. Aber auch ein Jahr nach dem Auslaufen des Supports durch Microsoft schaffen es viele Anwender nicht, sich vom gefährlichen Software-Dino zu trennen.
Berlin (dpa) - Behörden, Unternehmen und private Nutzer setzen noch immer massenhaft das vor einem Jahr eingestellte PC-Betriebssystem Windows 7 ein, obwohl die Software inzwischen große Sicherheitslücken aufweist.
Weltweit kommt die Software auch ohne regelmäßige Updates noch auf rund 18 Prozent aller Windows-Computer zum Einsatz, die sich regelmäßig im Internet bewegen. Das geht aus Hochrechnungen von Statcounter hervor. Die Analysefirma stellt auf über zwei Millionen Websites mit einem Tracking-Code fest, welches Betriebssystem von den Anwendern genutzt wird.
Alle Fragen zum Support-Ende für Windows 7
Wie geht es mit Windows 7 nach dem 14.01.2020 weiter?
Seit dem 14.01.2020 liefert Microsoft weder Sicherheitsupdates noch andere Updates für Windows 7 aus. Man spricht hier vom End-of-Life-Status eines Betriebssystems. Falls neue Schwachstellen auftauchen sollten, werden diese nicht mehr geschlossen. Für Nutzer entstehen hier hohe Risiken, denn sie erhalten keinen Schutz mehr gegen neue Gefahren. Im Falle von neu entdeckten Lücken haben Angreifer künftig leichtes Spiel, weil auch Antiviren-Lösungen nichts gegen diese Sicherheitslücken im Betriebssystem ausrichten können.In der Praxis dürfte sich erst einmal nicht viel ändern. Auch in den früheren Jahren gab es für Windows 7 nur dann Sicherheitsupdates von Microsoft, wenn von entdeckten Sicherheitslücken extrem große Gefahren ausgingen. Im Zusammenhang mit dem Support-Ende muss noch ein anderer Aspekt bedacht werden, und zwar die Unterstützungsbereitschaft der Entwickler. In der Regel wird Software nur für die von Microsoft unterstützten Versionen entwickelt. Das bedeutet: Es wird für Windows 7 allenfalls nur noch veraltete Softwareversionen geben. Sieht man von den Ausnahmen ab, auf die wir noch zu sprechen kommen.
War der 14. Januar 2020 der Stichtag für sämtliche Windows-7-Nutzer?
Nein, denn Unternehmenskunden haben die Möglichkeit, über ESU (Windows 7 Extended Security Update) den Supportzeitraum für Windows 7 um bis zu drei Jahre zu verlängern. Dieser Service ist kostenpflichtig. Als Gegenleistung erhält das Unternehmen - falls notwendig - die entsprechenden Sicherheitsupdates. Ausschließlich für die folgenden Varianten von Windows 7 wird ESU-Support von Microsoft angeboten: Windows 7 Enterprise, Windows 7 Professional sowie Windows 7 Ultimate. Microsoft trifft die Entscheidung darüber, ob im Rahmen von ESU Sicherheitslücken geschlossen werden müssen und welche das gegebenenfalls sind.
Sind jetzt wirklich keine Windows-7-Sicherheitsupdates mehr erhältlich?
Im September 2019 kündigte das Sicherheitsunternehmen 0Patch an, Sicherheitsupdates für Windows 7 zu entwickeln, und zwar kostenlos. Auf die zugesagte Auslieferung der Micropatches sollte man sich dennoch lieber nicht verlassen.
Ist eine Nutzung von Windows 7 auch jetzt noch möglich?
Selbstverständlich können Sie Windows 7 auch jetzt noch weiter nutzen. Weder wird das Betriebssystem abgeschaltet, noch irgendwie eingeschränkt. Wenn Sie allerdings mit Ihrem Windows-7-Rechner auf das Internet zugreifen möchten, bestehen Risiken. Auf keinen Fall sollten Sie Windows 7 weiterhin nutzen, wenn Sie auf dem Rechner sensible Daten wie Kunden- oder Patientendaten abspeichern.
Ist eine Nutzung des Browsers unter Windows 7 gefahrlos möglich?
Definitiv nein, weil auch der Internet Explorer, der in Windows 7 enthalten ist, keine Unterstützung mehr von Microsoft erhält. Google kündigte indes an, dass es seinen Browser Chrome bis zum 15.07.2021 unterstützen wird. Microsofts Chromium-basierter Browser Edge wird ab dem 15.01.2020 ausgeliefert. Er unterstützt nicht nur Windows 10, sondern auch Windows 7. Entsprechende Sicherheitsupdates soll er mindestens noch bis zum Juli 2021 erhalten. Verwenden Sie unter Windows 7 nur noch Browser die unterstützt und mit Updates versorgt werden.
Wird das in Windows 7 enthaltene MSE noch mit Signaturen-Updates versorgt?
Ja. Die Microsoft Security Essentials (MSE) erhalten auch jetzt noch Signaturen-Updates, um Rechner vor Virenangriffen zu schützten. MSE selbst bekommt jedoch keine Updates mehr.
Ist noch eine Neuinstallation von Windows 7 möglich?
Ja. Auch das ist kein Problem. Auch nach dem 14.01.2020 können Sie Windows 7 noch neu installieren und aktivieren. Während der Neuinstallation weist Microsoft aber auf die Gefahren hin, die damit verbunden sind.
Windows 7 weiter nutzen oder wechseln?
Microsoft drängt Nutzer von Windows 7, zu Windows 10 zu wechseln. Windows 10 bietet nicht nur ein modernes Sicherheitskonzept, sondern unterstützt auch neuere Hardware. Wir können uns der Empfehlung nur anschließen. Wechseln Sie nach Möglichkeit zu Windows 10, weil es sich im Alltag bestens bewährt hat.
Kann man direkt von Windows 7 auf 10 wechseln?
Ja. Probleme treten höchstens bei auf OEM-Rechnern vorinstallierten Anwendungen auf. Diese Programme werden auch Bloatware genannt und beim Wechsel nicht übertragen. An sich muss dies kein Nachteil sein. Darüber hinaus fallen auch von Microsoft mit Windows 7 ausgelieferte, aber in Windows 10 nicht mehr existierende Anwendungen weg. Vor einem Upgrade sollten Sie zuerst Ihre persönlichen Ordner und Daten sichern. Hierfür können Sie die Cloud oder einen externen Datenträger nutzen.
Aufgrund fehlender Treiber durch den jeweiligen Hersteller kann ältere Hardware unter Windows 10 oft nicht mehr genutzt werden. Zwar enthält Windows 10 zahlreiche Standardtreiber für ältere Hardware. Diese müssen aber nicht zwingend zu Ihrer Hardware kompatibel sein.
Kann man von Windows 7 zu Windows 10 gratis wechseln?
Ja und Nein. Als Windows 10 an den Start ging, hatten Windows-7- und Windows-8-Nutzer die Option, kostenlos umzusteigen. Seit dem 29.07.2016 wird diese Möglichkeit von Microsoft nicht mehr angeboten. Dennoch: Immer wieder berichten Windows-7-Nutzer, dass ihnen mit ihrem Produktschlüssel für Windows 7 der Umstieg auf Windows 10 gelang. Also Installation und Aktivierung.
Wir wissen nicht, warum diese Möglichkeit von Microsoft inoffiziell weiter angeboten wird. Plausibel erscheint der Gedanke, dass Microsoft offenbar ein großes Interesse daran hat, möglichst viele Nutzer zum Umstieg von älteren Windows-Versionen zu Windows 10 zu bewegen. Es ist theoretisch denkbar, dass Microsoft die kostenlose Aktivierung von Windows 10 über den Windows-7-Produktschlüssel eines Tages wieder rückgängig macht. Unserer Meinung nach ist das aber ein eher unwahrscheinliches Szenario. Sollte es dennoch so kommen, bräuchten Sie nur eine Windows-10-Lizenz zu kaufen. Eine nachträgliche Neuinstallation mit Datenverlustrisiko erübrigte sich dadurch. Sie müssten lediglich den Key eingeben, um Windows 10 erneut zu aktivieren.
Eine Lizenz für Windows 10 ist bestimmt nicht billig, oder?
Nein. Die offiziellen Preise für die Versionen Windows 10 Home oder Windows 10 Pro sind zwar hoch, es gibt aber deutlich günstigere Alternativen. Völlig legal können Sie Windows-10-Lizenzen für die Home- und Pro-Version beispielsweise bei Lizengo erwerben.
Wie komme ich an die Installationsdateien für Windows 10?
Die Windows-10-Installationsdateien stehen auf den Microsoft-Servern zum Download bereit.
Ist mein Rechner für das Upgrade auf Windows 10 gerüstet?
Das hängt vom Alter Ihres Rechners ab. Falls dieser älter als fünf oder sechs Jahre ist und mit Windows 7 oder 8 ausgeliefert wurde, lohnt es sich über den Kauf eines neuen Rechners nachzudenken. In den letzten zehn Jahren hat sich die Technik von PCs rasant verändert. Auch bei den Preisen von PCs und Laptops hat sich einiges getan. Diese haben deutlich nachgegeben.
Welche Systemvoraussetzungen sollte ein Windows-10-Rechner mitbringen?
Die Systemanforderungen für Windows 10 sind weniger streng als allgemein angenommen. Zumindest sollte der Rechner über eine CPU verfügen, die mit 1 Gigahertz getaktet ist. Er sollte 2 Gigabyte Arbeitsspeicher besitzen (64-Bit-Version) und über 20 Gigabyte freien Speicherplatz auf der Festplatte verfügen. DirectX 9 sollte von der verwendeten Grafikkarte auf jeden Fall unterstützt werden. Die genannten Voraussetzungen für Windows 10 werden in aller Regel schon seit mehr als zehn Jahren erfüllt. Besitzt der Rechner mehr Hauptspeicher und Speicherplatz und arbeitet mit einer schnelleren CPU, umso besser. Inzwischen gehören auch SSDs zur Standardausstattung von Rechnern, zumal sie ausgesprochen günstig sind. Die Start- und Ladezeiten von Windows 10 lassen sich damit deutlich verkürzen.
Welche Alternativen gibt es zum Windows-10-Wechsel?
Als Alternative zu Windows 10 bieten sich Linux-Distributionen an. In den letzten Jahren wurden sie deutlich benutzerfreundlicher. Für Einsteiger ist das eine gute Nachricht. Besonders hervorzuheben sind hier Ubuntu und Linux Mint.
Welche Alternativen gibt es zum Windows-10-Wechsel?
Als Alternative zu Windows 10 bieten sich Linux-Distributionen an. In den letzten Jahren wurden sie deutlich benutzerfreundlicher. Für Einsteiger ist das eine gute Nachricht. Besonders hervorzuheben sind hier Ubuntu und Linux Mint.
Wie lange noch wird Windows 8.1 unterstützt?
Am 10. Januar 2023 endet die Unterstützung für Windows 8.1.
Viele Nutzer unterschätzten dabei das Sicherheitsrisiko einer veralteten Windows-Version, sagte Thomas Uhlemann, Security Specialist der Sicherheits-Softwarefirma ESET, der Deutschen Presse-Agentur. "Eine Schwachstelle genügt, und die Computer sind offen wie ein Scheunentor für Cyberkriminelle." Dieses Verhalten sei fahrlässig. "Informationen über bekannte Sicherheitslücken verbreiten sich in Untergrundforen rasant und werden für eine Vielzahl von Angriffsszenarien verwendet."
In Deutschland sieht die Situation zwar etwas besser aus. Hier haben Windows-Betriebssysteme bei Desktop-PCs und Notebooks einen Marktanteil von rund 80 Prozent. Statcounter verzeichnet dabei rund 8,3 Prozent oder gut vier Millionen Windows-7-Geräte. Zusammen mit den ebenfalls veralteten und unsicheren Windows-Versionen Vista, XP und 8 addiert sich das in Deutschland aber immerhin noch auf 5,2 Millionen Geräte, die unsicher sind.
Zu den öffentlichen Einrichtungen in Deutschland, die vor einem Jahr den Umstieg auf ein modernes Betriebssystem nicht rechtzeitig geschafft haben, gehört die Berliner Stadtverwaltung. Dort waren Anfang 2020 erst knapp 82 Prozent der über 80.000 IT-Arbeitsplätze auf Windows 10 umgestellt worden.
Das Land Berlin musste sich wie viele andere Unternehmen und Verwaltungen eine Gnadenfrist bei Microsoft erkaufen, um die noch nicht umgestellten Arbeitsplätze am Laufen zu halten. In den speziellen Supportverträgen verlangt Microsoft nach Schätzung von Experten zwischen 25 und 50 Euro pro Jahr pro Windows-Lizenz. Damit kostete die Verzögerung bei der Umstellung der Windows-7-PCs einen sechsstelligen Betrag im oberen Bereich im Jahr 2020 allein für die Support-Verlängerung bei Microsoft.
Eigentlich sollten die veralteten Rechner alle bis Ende 2020 auf das aktuelle Windows 10 umgestellt sein. Doch am Rande einer Anhörung in einem Fach-Ausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus wurde noch im September 2020 von "evidenten" Problemen bei der Umstellung berichtet. Daher blieb die Vollzugsmeldung des Windows-Umstiegs zu Silvester aus.
Die Schwierigkeiten waren nicht darauf zurückzuführen, dass es das Land Berlin nicht geschafft hätte, in der Coronakrise moderne Rechner einzukaufen. Der Teufel liegt hier im (Software-)Detail. Bestimmte Programme, die bestimmte Verwaltungsvorgänge ermöglichen, sind ebenfalls hoffnungslos veraltet und laufen unter Windows 10 einfach nicht. "Ich gehe davon aus, dass die Umstellung nicht flächendeckend erfolgreich verlaufen ist", sagte Bernd Schlömer, der Digitalisierungsexperte der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus.
Auf dpa-Anfrage teilte die Senatsverwaltung für Inneres mit, dass in 2020 weitere 10.000 Rechner erfolgreich umgestellt worden seien. Der Wechsel auf Windows 10 werde in diesem Jahr abgeschlossen. In absehbarer Zeit würden "keine Arbeitsplatzcomputer mehr im Berliner Landesbesitz unter Windows 7 laufen". Die Umstellung der Systeme sei eine "Mammutaufgabe, die nur durch einen großen Kraftakt umgesetzt werden kann".
Unternehmen und Behörden gehen beim Ignorieren des Support-Endes für Windows 7 zum einen ein höheres Risiko ein, weil dies Cyberangriffe erleichtert. So war die Berliner Landesverwaltung bereits mehrfach Ziel von Hacker-Angriffen. Auch das Kammergericht Berlin und Computer an der Humboldt-Universität wurden von Trojanern infiziert. Zu-Spät-Kommer verstoßen nach Experteneinschätzungen aber auch gegen die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die EU-Richtlinie verlangt, bei der Verarbeitung sowie Nutzung personenbezogener Daten den "Stand der Technik" einzuhalten.
Windows 7 kam vor über zehn Jahren am 22. Oktober 2009 als Nachfolger des erfolglosen Windows Vista auf den Markt und wurde bis 2014 von PC-Herstellern verwendet. Auch der Nachfolger Windows 8 kam mit Startschwierigkeiten und überzeugte viele Nutzer nicht. Daher blieben vor allem viele Unternehmen Windows 7 auch nach 2014 treu.
Obwohl Windows 7 allgemein als ausgereift gilt, wurden in den vergangenen Jahren immer mehr Sicherheitslücken in dem betagten System entdeckt. So wurden im Jahr 2010 nur 64 Sicherheitslücken bei Windows 7 gefunden, 2019 erreichte die Anzahl mit 250 offiziell registrierten Problemen einen Höchststand. Zahlen für 2020 liegen noch nicht vor.
Unternehmen und Organisationen können immerhin bei Microsoft noch kostenpflichtige Updates erwerben. Privatanwender hingegen haben auch für viel Geld keinen Zugang mehr zu den Sicherheitsupdates. Und das könnte beispielsweise beim Online-Banking fatale Folgen haben, warnt Sicherheitsexperte Uhlemann.
"Dass die Zugangsdaten zum Online-Banking sowie die TAN-Nummer nicht an Fremde herausgegeben werden sollen, ist vielen Anwender hinlänglich bekannt". Ein modernes und auf neuestem Stand gehaltenes Betriebssystem gehöre aber ebenso zu den Sorgfaltspflichten wie der Einsatz einer modernen Sicherheitslösung oder ein aktueller Browser. "Im Schadensfall können Banken einen Ersatzanspruch ablehnen, da der Kunde fahrlässig seine Pflichten vernachlässigt hat." Auch Cyberversicherungen verweigerten in vielen Fällen hier eine Regulierung. "Anwender sollten regelmäßig ihren Computer, den sie für das Online-Banking nutzen, auf Updates checken."