Nach und nach endet die Ferienzeit - und wer aus einem Risikogebiet mit vielen Corona-Fällen heimkehrt, muss sich ab Samstag nach der Einreise testen lassen. Das geht einigen aber nicht weit genug.
Berlin (dpa) - Angesichts der Rückreise vieler Sommerurlauber nach Deutschland werden Rufe nach weiteren Maßnahmen gegen das Coronavirus laut - über eine an diesem Samstag greifende neue Testpflicht hinaus.
Der CDU-nahe Wirtschaftsrat forderte ein generelles Verbot privater Reisen in Länder mit hohen Corona-Fallzahlen - Politiker von SPD und FDP lehnten dies ab.
Die deutsche Wirtschaft warnte vor zunehmenden Beeinträchtigungen von Geschäftsreisen durch weltweite Beschränkungen wegen der Corona-Pandemie. Ab diesem Samstag müssen sich Rückkehrer aus Risikogebieten nach der Einreise testen lassen, wenn sie kein negatives Test-Ergebnis von kurz vor der Abreise dabei haben.
Der Generalsekretär des Wirtschaftsrats der CDU, Wolfgang Steiger, sagte der "Bild"-Zeitung (Freitag): "Reisen in Risikogebiete müssten konsequenterweise auch untersagt werden." Das Reiserecht könne nicht höher bewertet werden als die Rechte von Millionen Deutschen, denen sonst ein erneuter Lockdown drohe.
Das Arbeits- und Schulleben ein zweites Mal herunterzufahren, könne sich Deutschland "nur unter erheblichsten Schwierigkeiten noch mal leisten". Nähere Angaben zur Umsetzung eines Reiseverbots wurden nicht gemacht. Dafür müsste eine geeignete Gesetzesgrundlage geschaffen werden, hieß es auf Anfrage.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) äußerte sich im "ntv-Frühstart" skeptisch: "Jetzt ein Reiseverbot durchzusetzen, das sehe ich nicht." Er begrüßte dagegen die künftige Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten als weiteren Baustein, der "wieder ein Stück mehr Sicherheit" bringe.
FDP-Fraktionsvize Michael Theurer lehnte Verbote von Reisen in Risikogebiete als unverhältnismäßig ab. Grundgesetzlich geschützte Freiheitsrechte seien gerade auch in der Pandemie zu verteidigen. Statt Verboten sei allerspätestens jetzt eine umfassende Teststrategie mit deutlich mehr Tests besonders für Schulen, Kitas, Unis, medizinisches Personal und Polizei notwendig.
Für Urlauber aus Risikogebieten greift am Samstag eine Testpflicht. Die entsprechenden Regelungen veröffentlichte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag im Bundesanzeiger. Tests sind bis zu drei Tage nach Ankunft kostenlos möglich - direkt an Flughäfen, aber auch in Testzentren oder Arztpraxen in Städten. Bis das Ergebnis da ist, muss man in häusliche Quarantäne.
Welche Länder als Risikogebiete gelten, geht aus einer Liste des Robert-Koch-Instituts (RKI) hervor - derzeit stehen darauf etwa 130 Staaten von Ägypten über Russland bis zu den USA. Aus der EU sind Luxemburg, die belgische Provinz Antwerpen und die spanischen Regionen Aragón, Katalonien und Navarra darunter. Freiwillig können sich seit vergangenem Samstag alle Einreisenden gratis testen lassen.
Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Mongomery, forderte eine generelle Quarantäne. Tests seien nur "eine Momentaufnahme". Deshalb sollten alle Reiserückkehrer aus Risikogebieten in Quarantäne gehen. "Eine Woche bis zehn Tage. Ein negativer Test kann nicht vor der Quarantäne schützen", sagte Montgomery der "Passauer Neuen Presse" (Freitag). Um eine Infektion sicher auszuschließen, sei ein zweiter Test nach mindestens 72 Stunden notwendig.
Die Hamburger Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) plädierte ebenso dafür, für Rückkehrer aus Risikogebieten eine Quarantäne von einer Woche vorzuschreiben. "Erst nach Ablauf dieser Zeit sollte ein verpflichtender Test durchgeführt werden, und frühestens, wenn bei diesem Test ein negatives Ergebnis vorliegt, sollte die Quarantäne beendet werden können", sagte sie der dpa.
Der Wirtschaft machen die weltweiten Reisebeschränkungen wegen der Pandemie zunehmend zu schaffen. "Für die exportorientierte deutsche Wirtschaft sind Geschäftsreisen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die Folgen der Reiseeinschränkungen sind daher erheblich", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Martin Wansleben, der Deutschen Presse-Agentur. Aufgrund der vielen Grenzschließungen und Quarantänemaßnahmen könnten Unternehmen Manager, Techniker oder Vertriebsmitarbeiter oft nicht zu Kunden oder Lieferanten in andere Länder schicken. "Für Geschäftsanbahnungen sowie Montagen oder Reparaturen von Maschinen ist der persönliche Kontakt vor Ort häufig aber unerlässlich", sagte Wansleben.