Zum Eindämmen der Pandemie rücken Reisende in den Blick, die nun aus aller Welt nach Deutschland zurückkommen. Sie können sich auf breiter Front testen lassen. Ist zur Finanzierung das letzte Wort gesprochen?
Berlin (dpa) - Im Kampf gegen eine Ausbreitung des Coronavirus über die Sommerreisezeit können sich heimkehrende Urlauber bald gratis testen lassen - die Kosten soll voraussichtlich der Staat tragen.
Der Bund soll dafür den Zuschuss an die gesetzliche Krankenversicherung erhöhen, wie das Gesundheitsministerium am Mittwoch mitteilte. Eine entsprechende Verordnung soll noch in dieser Woche in Kraft treten. Konkret geht es um zusätzliche Tests für alle Heimkehrer, die die Gesundheitsminister von Bund und Ländern beschlossen hatten. Auch aus der SPD kam aber Kritik an der Finanzierung auf Steuerzahlerkosten.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, die kostenfreien Tests schützten alle. "Niemand soll aus finanziellen Gründen auf sie verzichten. Denn Gesundheit darf keine Frage des Geldbeutels sein." Die Tests könnten durch die Gesundheitsämter auch an Flughäfen, Bahnhöfen und anderen Reiseknoten erfolgen - außerdem in allen Praxen. Es müsse vermieden werden, dass das Virus durch den Reiseverkehr unbemerkt eingetragen werde. "Darum kann sich jeder testen lassen, der nach Deutschland einreist."
Speziell für Rückkehrer aus internationalen Risikogebieten mit hohen Corona-Fallzahlen soll sogar eine Testpflicht bei der Einreise kommen. Spahn hat eine Anordnung dafür angekündigt, die in der nächsten Woche in Kraft treten soll. Einen genauen Tag nannte das Ministerium noch nicht. Sie solle so schnell wie möglich kommen, damit sich alle darauf einstellen könnten, sagte eine Sprecherin.
Als Risikogebiete, die das Robert Koch-Instituts (RKI) in einer Liste festlegt, zählen aktuell Länder wie Ägypten, die USA, Russland und die Türkei. Aus der EU ist Luxemburg dabei. Beliebte Urlaubsziele wie Italien oder Österreich stehen derzeit nicht auf der Liste. Zentrales Kriterium ist, in welchen Staaten oder Regionen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gab. Die Liste wird regelmäßig aktualisiert. Das Auswärtige Amt wies darauf hin, dass dies nicht gleichbedeutend mit seinen Reisehinweisen sei.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich unterstützte zusätzliche Tests für Rückkehrer, meldete aber Bedenken bei der Finanzierung an. "Wenn die Allgemeinheit jetzt auch für solche Menschen bezahlen soll, die sich durch die Reise in ein Risikogebiet leichtsinnig in Gefahr begeben haben, finde ich das schwierig", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). Es gebe aber natürlich auch nachvollziehbare Reisen in Risikogebiete, etwa bei familiären Verpflichtungen. "Über dieses und andere Details werden wir noch einmal reden müssen."
Das Ministerium plant zur Finanzierung, bestehende Regeln für die Kostenübernahme zu ergänzen. Das geht aus einem Entwurf hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zuerst berichtete der "Spiegel" darüber. Demnach sollen alle aus dem Ausland Einreisenden auch ohne Krankheitsanzeichen getestet werden können, soweit die Einreise noch nicht mehr als 72 Stunden zurückliegt.
Die Kosten sollen demnach zunächst die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen - der Bund könnte dies dann aber ausgleichen. So ist es bereits bei anderen Tests geregelt, die Gesundheitsämter auch bei Menschen ohne Symptome anordnen können. Angesetzt werden zunächst Kosten von 50,50 Euro pro Test. Die Tests sollen bis zu einmal pro Person wiederholt werden können. Mit den neuen Testmöglichkeiten können bei Corona-Fällen auch schon Reihentests und vorsorgliche Tests in Schulen oder Pflegeheimen auf Kassenkosten gemacht werden.
Die FDP-Gesundheitspolitikerin Christine Aschenberg-Dugnus begrüßte die neuen Testmöglichkeiten. Dass die Steuerzahler für die Tests von Reiserückkehrern aus Risikogebieten aufkommen müssten, sei aber ein falsches Signal. "Derjenige, der wissentlich in einem Risikogebiet Urlaub macht, muss auch für die Kosten der Tests aufkommen."
Linke-Fachpolitiker Achim Kessler sagte dagegen: "Die Pandemiebekämpfung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, deshalb müssen alle Tests aus Steuermitteln finanziert werden." Es dürfe aber nicht sein, dass sich Urlauber aus Risikogebieten testen lassen könnten, während Pflege- und Krankenhauspersonal ohne systematische Testmöglichkeiten auskommen müsse.