Vier geraubte, geladene Dienstwaffen, der Täter im dichten Wald verschwunden: Die Polizei in Baden-Württemberg ist im Großeinsatz, im Schwarzwaldstädtchen Oppenau herrscht Ausnahmezustand.
Oppenau (dpa) - Mit einem Großaufgebot hat die Polizei an diesem Montag die Suche nach einem 31-Jährigen fortgesetzt, der vier Polizisten in Oppenau im Schwarzwald bedroht und ihnen ihre Dienstwaffen abgenommen hatte.
Der Mann ohne festen Wohnsitz war nach der Tat am Sonntagmorgen in den Wald geflüchtet. Die Polizei rätselt über das Motiv des 31-Jährigen.
Hunderte Polizisten durchkämmten am Montag die Wälder rund um Oppenau. Sie suchten fieberhaft nach dem Deutschen, der mit den Dienstpistolen der Beamten im Wald verschwunden war. Von Ruhe war seitdem in dem Schwarzwaldstädtchen mit knapp 4800 Einwohnern keine Rede mehr - ein Sportplatz am Ortsrand war Hubschrauberlandeplatz und Basis für den Polizeieinsatz. Die Deutsche Flugsicherung sperrte den Luftraum über der Gemeinde.
Das Polizeipräsidium Offenburg wurde von Kräften aus anderen Teilen Baden-Württembergs unterstützt. Auch eine Spezialeinheit, eine Hundestaffel und Hubschrauber beteiligten sich an der Suche. Die Polizei forderte die Menschen in Oppenau auf, wenn möglich zu Hause zu bleiben. Am Abend teilte die Polizei mit, dass Untersuchungshaftbefehl unter anderem wegen des dringenden Tatverdachts der besonders schweren räuberischen Erpressung erlassen wurde.
Der Gesuchte ist im Dorf bekannt, wie mehrere Bewohner berichten. Sie beschreiben ihn als Einzelgänger. Laut Polizei war der Gesuchte schon mehrfach mit der Polizei in Konflikt geraten, unter anderem wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz. Er war den Ermittlungen zufolge mit Pfeil und Bogen, einem Messer und einer Pistole bewaffnet. Er soll sich bereits seit Wochen Unterschlupf im Wald gesucht haben. Die Polizei geht davon aus, dass er sich in den Wäldern rund um die Stadt sehr gut auskennt. Bürgermeister Uwe Gaiser sagte: "Der schwer bewaffnete Mann hat in den hiesigen Wäldern genügend Möglichkeiten, sich zu verschanzen."
Die Polizisten hatten den Mann am Sonntagmorgen in einer Hütte am Waldrand kontrolliert. "Er war zu Beginn sehr kooperativ, was bedeutet, dass es für die Kollegen völlig unvorhersehbar war, dass er plötzlich eine Waffe zieht und alle vier in einen Lauf schauen mit gespanntem Bügel", sagte Polizeisprecher Yannik Hilger. Die Beamten mussten den Angaben zufolge ihre Pistolen auf den Boden legen. Anschließend flüchtete der 31-Jährige mit den Dienstwaffen in den Wald.
Derzeit gebe es keine Hinweise auf eine "politische Verstrickung" oder Helfer des Mannes, teilte die Polizei mit. Sie veröffentlichte ein Foto des Gesuchten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung.
Die Suche nach dem 31-Jährigen beschäftigte die Gemeinde im Schwarzwald auch am Montag. Es sei die richtige Entscheidung gewesen, Schulen und Kindertagesstätten in Oppenau zu schließen, sagte eine 77 Jahre alte Frau vor einem Supermarkt. "Man weiß ja nicht, ob er vielleicht durchdreht." Sie hoffe, dass die Polizei den Gesuchten in dem dichten Waldgebiet rund um Oppenau bald finde.
Ansonsten waren die Straßen der Gemeinde an dem heißen Sommertag so gut wie leer. In einem Café saßen etwa zehn Gäste, viele Geschäfte waren ganz geschlossen. Wegen Corona seien generell weniger Menschen unterwegs, sagte der Besitzer der Eisdiele. Aber man merke schon, dass sich Oppenau jetzt im Ausnahmezustand befinde.