Krawallmacher haben am Wochenende Teile der Stuttgarter Innenstadt verwüstet, Polizisten verletzt, Geschäfte geplündert. Mehrere junge Männer sitzen nun hinter Gittern. Die Politik fordert harte Strafen. Aber was tun, damit sich solche Szenen nicht wiederholen?
Stuttgart (dpa) - Nach den Krawallen in Stuttgart sitzen acht mutmaßliche Randalierer in Untersuchungshaft, einer von ihnen wegen Verdachts auf versuchten Totschlag.
Ein weiterer Haftbefehl sei gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt worden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Dienstag. Die Liste der Vorwürfe ist lang, sie reicht vom Landfriedensbruch über gefährliche Körperverletzung, tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte und Diebstahl in besonders schwerem Fall.
Viele der zunächst 25 festgenommenen Männer im Alter zwischen 16 und 33 Jahren seien in der Randale-Nacht stark betrunken gewesen und der Polizei bekannt. Verdächtigt werden Männer mit deutscher, kroatischer, irakischer, portugiesischer und lettischer Staatsangehörigkeit. Neun Festgenommene hätten einen Flüchtlingsbezug. 16 zunächst vorläufig festgenommene mutmaßliche Beteiligte wurden den Angaben zufolge wieder entlassen.
Einer der Verhafteten, ein 16-Jähriger, muss sich wegen versuchten Totschlags verantworten. Er soll in der Nacht einen bereits am Boden liegenden Studenten gezielt gegen den Kopf getreten haben. Der Jugendliche soll mit vielen anderen durch die zentrale Einkaufsstraße Stuttgarts gezogen sein. Die Menge hatte Schaufenster zerstört und Geschäfte geplündert. Nach Angaben der Polizei waren bis zu 500 Menschen an dem Geschehen beteiligt.
Während Polizei und Justiz ermitteln, suchen Stadt und Land nach Antworten auf die Frage, warum die Gewalt mitten in der Nacht zu Sonntag so plötzlich ausbrechen konnte. Nach wie vor ist zwar auch von einer enthemmten "Partyszene" die Rede, doch verweisen andere auf die Folgen der Corona-Auflagen, den fehlenden Respekt vor Ordnungshütern und auf den Wunsch, in den sozialen Medien mit Videos und Fotos angeben zu können.
Innenminister Strobl schlug der Stadt eine enge Zusammenarbeit bei der Sicherheit vor. Das Land habe bereits Sicherheitspartnerschaften mit Freiburg und Heidelberg vereinbart, sagte er. "Selbstverständlich kann ich mir so etwas auch mit Stuttgart vorstellen, wenn die Stadt das wünscht." Videoüberwachung, Aufenthaltsverbote und Alkoholkonsumverbote seien nur zusammen mit der Stadt möglich.
Wie ein Sprecher des Innenministeriums erklärte, können Kommunen Alkoholkonsumverbote für öffentliche Plätze aussprechen, wenn sich dort alkoholbedingte Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten häufen, man dort mit anderen polizeilichen Maßnahmen nicht dauerhaft weiterkommt und dort auch künftig mit Straftaten zu rechnen ist.
Nach Angaben des Stuttgarter Oberbürgermeisters Fritz Kuhn (Grüne) prüft die Verwaltung ein Alkoholverbot oder eine Videoüberwachung an bestimmten Plätzen der Stadt. Auch der Einsatz von Streetworkern vor Ort werde beraten.
Die Polizei bereitet sich indes auf mögliche weitere Auseinandersetzungen am kommenden Wochenende vor. Es würden polizeiliche Maßnahmen entwickelt, um an verschiedenen Punkten in der Innenstadt die Sicherheit zu verstärken, sagte Polizeivizepräsident Thomas Berger.