Für Handynutzer ist es nervig, für die Wirtschaft ein Problem: In Deutschland fällt noch zu oft der Satz "Ich hab gerade schlechtes Netz." Die Bundesregierung will helfen und lädt zum zweiten "Mobilfunkgipfel". Da geht es um Geld - aber nicht nur.
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung will den Ausbau des Mobilfunknetzes in Deutschland voranbringen und dafür mehr als eine Milliarde Euro ausgeben.
Beim zweiten "Mobilfunkgipfel" sollen die Pläne gemeinsam mit Vertretern der Länder, Kommunen und Mobilfunkbranche konkret werden. Rund 1,1 Milliarden Euro soll der Netzausbau an bis zu 5000 Standorten gefördert werden, wo ein privatwirtschaftlicher Ausbau zeitnah nicht zu erwarten sei, heißt es im Entwurf für die Abschlusserklärung. Verfahren zur Genehmigung von Mobilfunkmasten sollen nur noch drei Monate dauern.
Eigentlich sollen die Netzbetreiber für flächendeckenden Empfang sorgen. Bei der Ersteigerung von Mobilfunkfrequenzen verpflichten sie sich dazu, bestimmte Versorgungsauflagen zu erfüllen, damit sie den Netzausbau nicht auf lukrative Regionen mit vielen Einwohnern beschränken. Dennoch gibt es weiterhin etliche Funklöcher. Besonders an Hauptverkehrswegen, also ICE-Strecken und Autobahnen, hapert es.
Der Bund will mit einer eigenen Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG) gegensteuern, die "die Beteiligten im Förderverfahren entlasten" soll, wie es im Entwurf heißt. Zunächst hatte es geheißen, die Gesellschaft könne auch selbst Funkmasten bauen lassen, wenn nötig - das Netz- und Standortbetreiber teils kritisch gesehen.
Der Digitalverband Bitkom teilte vor der Gipfel-Videoschalte mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) mit, entscheidend sei, dass die Regierung mit der Förderung "nicht in Konkurrenz zum privatwirtschaftlichen Ausbau" trete. "Staatliche Hilfen müssen sich auf jene Gebiete beschränken, in denen nachweislich kein eigenwirtschaftlicher Ausbau absehbar ist."
Genau das sieht der Bund auch vor, wie es in einem Entwurf für Eckpunkte zur Förderung heißt: "Um den Vorrang des privatwirtschaftlichen Ausbaus zu sichern wird der Bund in Gebieten, die eigenwirtschaftlich durch die Unternehmen versorgt werden, nicht fördern." In geförderten Gebieten solle "eine wesentliche Verbesserung hin zu einer Versorgung mit mindestens 4G erzielt werden". Die neue Gesellschaft sollte beim Aussuchen der Gebiete sowie den Vorbereitungen helfen. Nach dem Förderaufruf solle auf Basis eines "transparenten, wettbewerblichen Auswahlverfahrens" entschieden werden, wer den Zuschlag bekomme.
Bitkom-Präsident Achim Berg sagte der dpa weiter, die öffentliche Hand müsse Bürokratie abbauen. Derzeit verzögerten sich 1500 Ausbauvorhaben, weil Genehmigungen fehlten oder die Standortsuche lange dauere. "Hier könnte der Staat viel erreichen, ohne auch nur einen Cent Steuergeld in die Hand nehmen zu müssen." Kommunen könnten sich stärker dafür einsetzen, dass die eigenen Liegenschaften für Mobilfunkstandorte genutzt werden, erklärte Berg weiter. Vielerorts fehle zudem die Akzeptanz. "Verunsicherungen in Teilen der Bevölkerung verzögern den Ausbau - nicht zuletzt durch Falschinformationen", sagte der Verbandschef.
Lange Genehmigungsprozesse, fehlende Standorte für Funkmasten und Sorgen der Bevölkerung: Alle drei genannten Probleme beim Mobilfunk-Ausbau will der Bund angehen.
Im Entwurf für die Abschlusserklärung heißt es, Bund, Länder und Kommunen setzten sich dafür ein, dass geeignete Flächen der öffentlichen Hand für den Mobilfunkausbau zur Verfügung gestellt würden. Ziel sei, dass binnen drei Monaten nach der Vorlage vollständiger Unterlagen die Anträge beschieden würden. Eine Bund-Länder-AG solle dazu bis September "Vollzugshinweise" erarbeiten. Um Ängsten von Anwohnern zu begegnen, plane der Bund eine "Kommunikationsoffensive", um "transparent und neutral" über Chancen und Risiken der Technik zu informieren.
FDP-Fraktionsvize Frank Sitta sagte der dpa, mehr Tempo beim Mobilfunkausbau gelinge nur "durch die radikale Beschleunigung bei Genehmigungen", der einfachen Bereitstellung öffentlicher Grundstücke sowie dem effizienten Stopfen der Funklöcher mit "Negativauktionen", bei denen der Anbieter den Zuschlag erhalte, der am wenigsten Fördermittel verlange. Die Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft werde aber "ein ziemlich teurer Pappkamerad".