Das Schicksal von George Floyd hat die USA aufgewühlt - nun wird Abschied genommen. US-Präsident Trump steht unter Druck. Auch wegen einer Geste seines politischen Rivalen.
Washington (dpa) - Vor der Beisetzung des bei einem brutalen Polizeieinsatz getöteten Afroamerikaners George Floyd haben Hunderte Menschen Abschied genommen. Floyds Sarg wurde in der Kirche "The Fountain of Praise" in der Metropole Houston im Bundesstaat Texas aufgebahrt.
Der designierte Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten, Joe Biden, traf nach Angaben des Anwalts von Floyds Familie Angehörige des Toten. Im Bundesstaat Minnesota fand unterdessen die erste Anhörung des wegen der Tötung Floyds angeklagten weißen Polizisten statt. Er könnte bis zu einem Urteil auf Kaution aus dem Gefängnis kommen.
Mindestens eine Million Dollar müssten für die vorläufige Freilassung des Angeklagten als Sicherheit hinterlegt werden, teilte das zuständige Gericht mit. Einem entsprechenden Dokument zufolge wurde in der Anhörung festgesetzt, dass er den Bundesstaat nicht verlassen und nicht als Polizist arbeiten dürfe. Zudem dürfe er keinen Kontakt zu Floyds Familie haben und müsse seine Schusswaffen abgeben. Dem Nachrichtensender CNN zufolge erschien der Angeklagte nicht persönlich vor Gericht, sondern wurde per Video zugeschaltet und trug die in den USA übliche orangene Sträflingskleidung.
Der 46-Jährige Floyd war am 25. Mai in Minneapolis bei einem Polizeieinsatz getötet worden. Der Beamte hatte ihm sein Knie fast neun Minuten lang in den Nacken gedrückt - trotz aller Bitten Floyds, ihn atmen zu lassen. Die Ermittler klagten den Polizisten daraufhin unter anderem wegen Mordes zweiten Grades an. Darauf steht in den USA eine Haftstrafe bis zu 40 Jahre. Auch drei weitere beteiligte Polizisten wurden angeklagt. Floyds Tod hat landesweite Massenproteste gegen Rassismus und Polizeigewalt nach sich gezogen, die auch US-Präsident Donald Trump unter Druck setzen.
Floyd war in Houston aufgewachsen. Beigesetzt werden soll er am Dienstag im nahe gelegenen Pearland. Zuvor sollen die Familie und geladene Gäste in Houston an einem Trauergottesdienst teilnehmen.
Ex-Vizepräsident Biden hat dem Republikaner Trump mehrfach vorgeworfen, das Land zu spalten, statt es zu einen. "Er hat einfach keine Vorstellung davon, was wirklich in diesem Land passiert", schrieb Biden auf Twitter. "Sich gegenseitig zuzuhören ist das, was Amerika heilen wird. Genau das hat Vizepräsident Joe Biden mit der Familie von George Floyd gemacht - für mehr als eine Stunde", schrieb der Anwalt von Floyds Familie, Benjamin Crump, auf Twitter. Trump kam dagegen im Weißen Haus mit Vertretern von Sicherheitsbehörden zusammen. Er bewirbt sich bei der Präsidentschaftswahl im November um eine zweite Amtszeit.
In einer am Montag veröffentlichten Umfrage im Auftrag des Senders CNN lagen Trumps Zustimmungswerte nur noch bei 38 Prozent - sieben Punkte weniger als im vergangenen Monat. Wäre die Wahl jetzt, würden der Befragung zufolge 55 Prozent für Biden stimmen und nur 41 Prozent für Trump. Im vergangenen Monat hatte Biden noch einen Vorsprung von nur fünf Punkten. Wegen des komplizierten Wahlsystems in den USA haben solche Umfragen allerdings begrenzte Aussagekraft, was den tatsächlichen Ausgang der Wahl angeht. Trump schrieb auf Twitter, die CNN-Daten seien so falsch wie die Berichterstattung des Senders.
Die US-Demokraten im Kongress stellten einen Gesetzentwurf gegen Polizeigewalt vor. Der Entwurf sehe unter anderem eine einfachere Strafverfolgung bei polizeilichem Fehlverhalten vor, sagte die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Polizeigewalt solle außerdem etwa durch den verstärkten Einsatz von Körperkameras bekämpft werden. Umstrittene Polizeimethoden wie Würgegriffe bei Festnahmen sollten verboten werden.
Pelosi sagte, Polizeigewalt spiegele "ein tief verwurzeltes System der Rassenungerechtigkeit in Amerika" wider. Der Gesetzentwurf sei nur ein erster Schritt dagegen. Notwendig sei ein Strukturwandel. Pelosi sprach von einem "Märtyrertod" Floyds und anderer Opfer von Polizeigewalt. Die Erfolgaussichten des Gesetzentwurfs sind unklar: Die Demokraten kontrollieren das Repräsentantenhaus, der Senat wird jedoch von Trumps Republikanern dominiert.
Trump warf den Demokraten vor, den Polizeibehörden im Land die Finanzierung zusammenstreichen und die Polizei "abschaffen" zu wollen. Der Präsident schrieb in Großbuchstaben auf Twitter: "Recht und Ordnung". Er fügte hinzu: "Die radikalen linken Demokraten sind verrückt geworden!" Die Demokraten "würden Amerika zerstören". Forderungen, die Finanzierung der Polizeibehörden zurückzufahren, finden bei den Protesten zunehmend Widerhall. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh McEnany, sagte bei einer Pressekonferenz, Trump habe großes Vertrauen in die Polizei. Er glaube, dass die meisten Polizisten "gute, fleißige Leute" seien.
Trump hat Floyds Tod mehrfach verurteilt und das Recht auf friedliche Demonstrationen betont. Ihm wird jedoch vorgeworfen, sich nicht klar gegen Rassismus zu positionieren und nicht genug Verständnis zu zeigen für den Zorn über Diskriminierung und Ungerechtigkeit im Land. Die anhaltenden Proteste hat er bislang vor allem unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit kommentiert.
Biden wollte zu Floyds Beerdigung eine Videobotschaft aufnehmen, wie US-Medien berichteten. Der Ex-Vizepräsident werde aber nicht selbst an der Zeremonie teilnehmen. Er wolle die Beerdigung nicht durch zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen stören, die dann nötig wären, berichteten unter anderem die "New York Times" und CNN.
Für den designierten Präsidentschaftskandidaten der Demokraten war der Trip nach Texas die erste größere Inlandsreise seit der Zuspitzung der Coronavirus-Pandemie im März. Biden hat sich seit Floyds Tod bereits mehrfach gegen "systematischen Rassismus" und die anhaltende Ungleichheit in den USA ausgesprochen.
Im Gedenken an den Tod Floyds knieten führende US-Demokraten im Kongress fast neun Minuten nieder. Seit Floyds Tod gibt es in US-Städten täglich Proteste gegen Polizeigewalt, Rassismus und Ungleichheit. Floyd war wegen des Verdachts, mit einem falschen 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben, festgenommen worden.
In Minneapolis will nun eine Mehrheit des Stadtrats Berichten zufolge die örtliche Polizei durch eine neue Organisation für öffentliche Sicherheit ablösen. In seiner gegenwärtigen Aufstellung sei das Minneapolis Police Department nicht mehr reformierbar, erklärten neun von zwölf Stadträten nach Angaben des örtlichen Sender KTSP. Auch im US-Bundesstaat New York soll es Reformen bei der Polizei geben, so sollen etwa Würgegriffe durch Einsatzkräfte verboten werden.