Nach privaten Feiern kommt es in Göttingen zu einem größeren Ausbruch des Coronavirus. Während die Zahl der Infizierten steigt, untersucht die Stadt das Geschehen. Besonders die Ereignisse in einer Shisha-Bar stehen im Fokus.
Göttingen (dpa) - Nach privaten Feiern zum muslimischen Zuckerfest in Göttingen sind mehrere Hundert Menschen in Quarantäne. Es handele sich um 230 Personen in Stadt und Landkreis sowie 140 im restlichen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.
Das sagte die Leiterin des Krisenstabs in Göttingen, Petra Broistedt (SPD). Die Zahl der Infizierten liege aktuell bei 80 Personen. Dieser Wert könne sich aber erhöhen, es stünden noch Testergebnisse aus.
In Göttingen war es nach Pfingsten zu einem größeren Ausbruch des Coronavirus gekommen. Als Ursache sehen die Behörden Feierlichkeiten im Rahmen des Zuckerfestes. Damit begehen Muslime das Ende des Fastenmonats Ramadan. Laut Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD) kam es dabei am 23. Mai zu Verstößen gegen Hygiene- und Abstandsregeln - allerdings nicht in den Moscheen. Es habe "private Begrüßungen und Feierlichkeiten" gegeben. Dazu reisten auch auswärtige Gäste an.
Im Kontext der Infektionen habe eine Shisha-Bar in Göttingen "eine nicht unwesentliche Rolle" gespielt. Dort sollen verschiedene Personen mit demselben Mundstück geraucht haben. Ob die Bar geöffnet hatte oder für private Feierlichkeiten genutzt wurde, werde noch untersucht. Der Schwerpunkt des Ausbruchs liege nun in einer Wohnanlage am nördlichen Innenstadtrand: "Es sind dort mehrere große Familienverbände - nicht einer, sondern mehrere - Verursacher dieser Situation", sagte Köhler.
Stadträtin Broistedt sprach von einem "uneinsichtigen, unverantwortlichen Verhalten einzelner", das zu der Situation geführt habe. Details nannten sie und Köhler nicht. Auch die Gründe für das Verhalten der Familien sind unklar. Sie hätten sich nicht kooperativ gezeigt. Nach einer Aufforderung über Pfingsten, zu Coronavirus-Tests zu kommen, seien zunächst nur 16 Personen erschienen. "Das Gesundheitsamt hat hinter allen hertelefoniert", sagte Broistedt.
Es gab auch Widerstand gegen die Entscheidung der Behörden: Gegen eine Person, die die Quarantäne trotz mehrfacher Ansprache gebrochen habe, habe man eine richterliche Anordnung erwirkt.
Die meisten Infizierten wiesen bisher leichte Symptome auf. Nur eine Person sei in stationärer Behandlung. Unter den Fällen sind auch 24 Kinder. Um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, will die Stadt alle Göttinger Schulen und einige im Landkreis diese Woche schließen. Danach soll es dort eine zweiwöchige Maskenpflicht geben. Auch vier Kitas bleiben zu. Zudem wolle man in dem betroffenen Wohnblock alle Bewohner testen. Dabei handele es sich um bis zu 700 Personen.
Laut der Stadt Göttingen besteht aktuell keine Gefahr, dass wegen des Vorfalls wieder verschärfte Verhaltensregeln in Stadt und Landkreis eingeführt werden müssen. Die Grenze dafür liegt bei einer Schwelle von 50 Infizierten auf 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen. Von dieser Grenze sei man mit einem Wert von zuletzt knapp über 20 weit entfernt.