Da Hunderte Millionen Menschen in Europa in der Corona-Krise mehr Zeit zuhause verbringen, ist die Nutzung von Videostreaming-Diensten sprunghaft angestiegen. Nach Druck aus der Politik versuchen die Anbieter nun, den Datenverkehr zu reduzieren.
Brüssel (dpa) - Videostreaming-Dienste drosseln ihre Datenmengen in Europa, um die Netze in der Coronavirus-Krise zu entlasten.
So wird Youtube die Bildqualität zunächst für 30 Tage etwas verschlechtern: Videos sollen grundsätzlich in Standard-Auflösung statt HD-Qualität übertragen werden. Netflix will den Datendurchsatz in dieser Zeit um ein Viertel reduzieren. Auch Amazon begann, die Datenmengen in seinem Dienst Prime Video zu drücken. Bei Sky hieß es dagegen, aktuell sei keine Änderung der Bitrate geplant. Man gehe im Streaming-Angebot bereits "sehr verantwortungsvoll" mit der Bandbreite um.
Bei einer höheren Bildauflösung gibt es ein schärferes Bild, weil mehr Pixel dargestellt werden. Dafür werden aber auch mehr Daten übertragen. Netflix empfiehlt für HD (High Definition) eine Internet-Geschwindigkeit von fünf Megabit pro Sekunde, während es bei Standard-Auflösung drei Megabit pro Sekunde sind. Einen richtig großen Sprung gibt es bei dem noch besseren Ultra-HD-Format: Hier werden zum Beispiel bei Netflix 25 Megabit pro Sekunde benötigt. Ultra-HD (auch unter dem Namen 4K bekannt) gibt es dabei nur in den teureren Tarifmodellen von Netflix. Auch bei Youtube findet sich eine Vielzahl von Ultra-HD-Videos.
Netflix will dabei selektiver Vorgehen als die flächendeckende Reduzierung der Auflösung bei Youtube. Das Ausmaß der Drosselung bei jedem einzelnen Nutzer werde unter anderem davon abhängen, welche Art von Gerät sie nutzen, wie gerade ihr Netz ausgelastet ist und für welchen Tarif sie bezahlen, verlautete aus Unternehmenskreisen. Also könnten manche eine schlechtere Bildqualität bemerken, andere wiederum nicht. Generell will Netflix erreichen, dass alle Nutzer die Qualität bekommen, für die sie bezahlt haben - aber zum möglichst niedrigen Datendurchsatz.
EU-Kommissar Thierry Breton, der die Maßnahmen angestoßen hatte, begrüßte das Vorgehen der Streaming-Anbieter. In Europa gibt es insgesamt die Sorge, dass die verstärkte Heimarbeit und Nutzung von Unterhaltungsangeboten die Netze verstopfen könnten. Internet-Anbieter versicherten bisher, dass sie den Anstieg schultern können. Allerdings könnte das Nadelöhr eher die lokale Netzanbindung an den Wohnorten sein. Der EU-Kommission geht es darum, dass die Auslastung der Netze das Arbeiten von Zuhause und Zugang zu Bildungsangeboten erlaubt.
Mit dem Start des Videodienstes Disney+ am kommenden Dienstag dürfte die Belastung der Netze durch Streaming-Angebote noch weiter ansteigen. Nach Informationen der Zeitung "Les Echos" appellierte die französische Regierung bereits an Disney, das Debüt in dem Land aufzuschieben.