Klimaschutz, Digitalisierung, EU - das sind die zentralen Themen in der Rede der Kanzlerin bei der Generalaussprache im Bundestag. Vor allem zum Klimaschutz entwickelt sich eine kontroverse Debatte. Aber auch die Diskussion über den Verteidigungsetat ist nicht ohne.
Berlin (dpa) - Kurz vor entscheidenden Beratungen der Bundesregierung über die künftige Klimapolitik hat sich der Bundestag hierüber einen Schlagabtausch geliefert. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warb um Akzeptanz für zusätzliche Maßnahmen.
"Wenn wir den Klimaschutz vorantreiben, wird es Geld kosten - dieses Geld ist gut eingesetzt", sagte sie am Mittwoch in der Generaldebatte zum Haushalt 2020. Ein Ignorieren würde mehr Geld kosten. Es gehe um einen "gewaltigen Kraftakt", betonte die Kanzlerin auch mit Blick auf die geplanten Entscheidungen im Klimakabinett am 20. September.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte deutlich mehr Investitionen in den Klimaschutz. "Dieser Haushalt ist eine doppelte Null – nämlich kein Plan und kein Geld", sagte sie mit Blick darauf, dass das erwartete Klimapaket noch nicht im Haushalt hinterlegt ist. "Wo ist denn die Initiative für die Bahn, wo ist denn die Initiative für den öffentlichen Personennahverkehr?" Göring-Eckardt mahnte: "Wir sind verdammt tief im Dispo der Natur."
FDP-Fraktionschef Christian Lindner warnte vor einem Klimaschutz nur mit Askese, Verbot und Verzicht. Damit werde Deutschland vielleicht "Moral-Weltmeister". Aber niemand in der Welt werde ihm folgen. "Deutschland muss wieder durch Marktwirtschaft und Erfindergeist Technologie-Weltmeister werden. Denn nur als Technologie-Weltmeister werden wir ein Vorbild für die Welt." Wie Göring-Eckardt bot auch Lindner eine Mitwirkung an einem Klimakonsens an.
AfD-Fraktionschef Alexander Gauland kritisierte den geplanten Kohle-Ausstieg: "Für das Weltklima ist Deutschland keine besonders relevante Größe, es geht hier offensichtlich um Symbolik."
Der kommissarische SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich warb für eine Vorreiterrolle Europas beim Klimaschutz. "Wir nehmen die neue Kommissionspräsidentin (Ursula von der Leyen) beim Wort und wollen ihr helfen, das Modewort Green New Deal auch richtig auszubuchstabieren", sagte er.
Merkel sagte, die Bewältigung von Klimaschutz und Digitalisierung sei entscheidend, um Deutschlands Wohlstand zu erhalten. Deutschland und Europa müssten ihren Rückstand bei wichtigen Technologien aufholen. "Wir müssen technologisch wieder auf Weltmaßstab kommen." Merkel verwies etwa auf die Herstellung von Chips, die Plattformwirtschaft und die Batteriezellenproduktion. Bei der Digitalisierung müsse auch der deutsche Mittelstand mehr Anstrengungen zeigen. Merkel bot ein "Bündnis von Mittelstand und Bundesregierung" an.
Die Kanzlerin rief auch angesichts weltweiter Kräfteverschiebungen zu einer engeren Zusammenarbeit in der Europäischen Union auf. Die EU stehe einerseits durch den Austritt Großbritanniens geschwächt da. "Auf der anderen Seite ist es die Stunde, neue Stärke zu entwickeln." Merkel sieht noch Chancen für einen geordneten Brexit. Deutschland sei aber auch auf einen ungeordneten Austritt Großbritanniens aus der EU vorbereitet. Geplant ist der EU-Austritt am 31. Oktober.
Merkel ging auch auf die Abkühlung der Konjunktur in Deutschland ein. Man müsse gegenüber der Finanzplanung mit sinkenden Steuereinnahmen für den Staat rechnen. Es gebe aber bei Investitionen derzeit keinen Mangel an Geld, sondern nicht ausreichende Planungskapazitäten.
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel warnte: ""Die Krise kommt nicht, die Krise ist bereits da." Die Rezession sei in erster Linie hausgemacht. Sie sei die Folge der wirtschaftsfeindlichen Politik der Regierung - "einer im Kern grün-sozialistischen Ideologie, die unser Land ruiniert und seiner Zukunftsfähigkeit beraubt".
Linksfraktionschef Dietmar Bartsch warf der Regierung eine falsche Schwerpunktsetzung vor: "Strenge Schuldenbremse statt notwendiger Investitionen, Militär- statt Sozialabgaben erhöhen und massenhafte Kinder- und Altersarmut zulassen. Das ist die Priorität in Ihrem Haushalt."
In der Debatte über den Verteidigungshaushalt mahnte die neue Ressortchefin Annegret Kramp-Karrenbauer weitere Erhöhungen an. Der für das kommende Jahr vorgesehene Anstieg um 1,7 auf rund 45 Milliarden Euro allein reiche nicht. "Wir müssen ihn mittelfristig verstetigen. Denn wenn es bei den jetzigen Planungen bleibt, sind wesentliche Projekte gefährdet", warnte die CDU-Vorsitzende.
Scharfe Kritik an der mangelhaften Ausstattung der Bundeswehr und an den nicht gelösten Beschaffungsproblemen kam von der Opposition. "Wir haben immer noch das Problem, dass die Gerätschaft nicht fliegt oder nicht schwimmt oder nicht fährt", sagte der Linke-Abgeordnete Michael Leutert. Der FDP-Abgeordnete Karsten Klein forderte die Ministerin auf, eine nachhaltige Wende bei der Mittelausstattung einzuleiten. Dies allein reiche aber nicht. "Wir möchten, dass Sie das Beschaffungswesen der Bundeswehr wieder auf Zack bringen."
Wie Kramp-Karrenbauer betonte auch Außenminister Heiko Maas (SPD), dass sich Deutschland an der Lösung internationaler Krisen und Konflikte beteiligen müsse. Die Voraussetzung für die Lösung nationaler Probleme sei heute oftmals die Lösung internationaler Probleme. "Nichtstun ist keine Alternative. Und deshalb haben wir viel Verantwortung auch international zu tragen", sagte Maas.