Für mehr Klimaschutz das Fliegen teurer machen - kein ganz neuer Vorschlag. Der Vorstoß von Linken-Chef Riexinger, Airlines gleich ganz zu verstaatlichen und so den Markt zu regulieren, stößt allerdings auf breite Ablehnung.
Berlin (dpa) - Im Kampf gegen die Klimakrise fordert Linken-Chef Bernd Riexinger die Verstaatlichung aller Fluggesellschaften - und erntet viel Kritik.
"Was so dramatische gesellschaftliche Folgen haben kann, darf nicht marktwirtschaftlich und unreguliert bleiben. Fluggesellschaften gehören in staatliche Hand - genauso wie die Energieversorgung oder die Bahn", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstag). Vertreter anderer Parteien widersprachen entschieden.
Dass klimaschädliche Flugreisen unverantwortlich billig geworden seien, hänge auch damit zusammen, dass man den Flugverkehr privatisiert habe, argumentierte Riexinger. "Fliegen war ja mal besser reguliert und überwiegend in öffentlicher Hand. Man hat einen wilden Konkurrenzkampf auf dem Flugmarkt zugelassen - zum Nachteil der Beschäftigten und zu Lasten des Klimas."
Widerspruch kam unter anderem vom stellvertretenden SPD-Fraktionschef Karl Lauterbach, der sich auch um den Parteivorsitz bewirbt. Klimaschutz im Verkehr müsse erreicht werden, indem Bahn und öffentlicher Nahverkehr "besser und billiger" würden, "nicht indem man Fliegen verstaatlicht", schrieb er auf Twitter. "Wir brauchen grüne Marktwirtschaft, keinen grünen Staatskapitalismus." Der Staat sollte investieren, nicht wirtschaften.
Kritik an Riexinger kam auch aus CSU, FDP und AfD. CSU-Generalsekretär Markus Blume nannte die Pläne "gruselig", die "DDR 2.0" scheine durch. "Die SED lässt grüßen", schrieb AfD-Vize Georg Pazderski auf Twitter.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP im Bundestag, Marco Buschmann, warf Riexinger vor, er missbrauche "die ökologische Sensibilität der Menschen für neosozialistische Gedankenspiele". FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic sagte, Fliegen sei günstiger als Bahnfahren, weil die Bahn "staatlich und monopolistisch" organisiert sei, der Luftverkehr wettbewerblich. Riexingers Vorschlag sei "realitätsfremd und zutiefst unsozial".
Derzeit geht es in der Klimaschutz-Debatte auch darum, ob Fliegen teurer werden sollte. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) zum Beispiel will die Luftverkehrsabgabe in Deutschland erhöhen. Unions-Fraktionsvize Andreas Jung ist ebenfalls für höhere Abgaben des Flugverkehrs, um damit den Ausbau klimafreundlicher öffentlicher Verkehrsmittel zu fördern. Auch die CSU plant eine höhere CO2-Abgabe für Inlandsflüge.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) widersprach seinem Parteifreund Riexinger nicht, bewarb auf Twitter aber einen anderen Vorschlag: "Ich plädiere für eine konsequente Besteuerung von Flugbenzin und Steuerfreiheit für alle Schienenverkehre", schrieb er. Für eine Kerosinsteuer auf innerdeutsche Flüge spricht sich auch Grünen-Chef Robert Habeck aus.
Ein Flug von Deutschland auf die Malediven und zurück verursacht nach Berechnungen des Umweltbundesamts pro Person eine Klimawirkung von gut fünf Tonnen Kohlendioxid. Damit könne man mit einem Mittelklassewagen mehr als 30.000 Kilometer fahren.
Insgesamt ist laut Riexinger eine Klimapolitik vonnöten, die den Konzernen klare Vorgaben mache. "Nehmen wir die Autokonzerne, die Staat und Gesellschaft betrogen haben, um ihre Produkte weiter mit hohem Profit verkaufen zu können. Das ist auch nicht im Sinne der Arbeitsplätze. Unser Verkehrsministerium hat da total versagt."
Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger rief zu klimafreundlichem Urlaub auf: "Wir müssen Gewohnheiten überdenken und vielleicht ändern, wenn es bessere Alternativen gibt", sagte er.
Schon jetzt hat sich die Erde nach Befunden des Weltklimarats IPCC um etwa ein Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit erwärmt, Deutschland sogar noch etwas mehr. Geht es weiter wie bisher, ist Ende dieses Jahrhunderts die Welt wohl um die drei Grad wärmer. Um den Trend zu stoppen, muss der Ausstoß von Treibhausgasen etwa aus der Verbrennung von Kohle und Öl oder auch der Tierhaltung stark reduziert werden.