Neben Themen wie KI, AR oder IoT dreht sich auf dem MWC19 Barcelona (früher: Mobile World Congress) erneut alles um den neuen Mobilfunkstandard 5G. Nach viel Hype in der Vergangenheit liegt der Fokus gemäß dem Leitmotiv „Intelligent Connectivity“ in diesem Jahr aber stärker auf den tatsächlichen Geräten und Diensten für verschiedene Branchen und Lebensbereiche - aber auch den dazugehörigen Anforderungen.
Auch wenn der MWC Barcelona kontinuierlich wächst - zwischen dem 25. und 28. Februar werden über 2.300 Aussteller und bis zu 110.000 Gäste erwartet - und neben dem Hauptthema Mobility immer mehr benachbarte Industrietechnologien mitaufnimmt, gibt es immer eine Handvoll Trends, die herausstechen und den Ton für die nächsten zwölf Monate bestimmen. In diesem Jahr dürfte es sich dabei (erneut) um KI, IoT und natürlich 5G handeln.
Eigentlich ist zum Thema 5G nahezu alles gesagt, die Standards stehen fest und Carrier rund um den Globus sind eifrig damit beschäftigt, den neuen Mobilfunkstandard zu testen oder bereits auszurollen - oder sich über die Vergaberichtlinien für neue Lizenzen zu streiten. Dennoch wird der LTE-Nachfolger auch auf der diesjährigen Messe in Barcelona im Mittelpunkt stehen, wenn auch in einem anderen Kontext: Dank der mit dem Standard verbundenen Möglichkeiten bildet 5G praktisch die Basis für fast alles auf der Ausstellung, angefangen von Geräten und Infrastrukturen bis hin zu Software und neuen Dienstleistungen.
5G: Von der Theorie zur Praxis
Jetzt, wo die neu Mobilfunktechnologie endlich da ist, wächst auch das Bedürfnis aller Beteiligten in diesem mobilen Ökosystem, ihre Ideen und ersten Erfahrungen rund um 5G auszutauschen. So liegt gerade, was die damit verbundenen Geschäftsmodelle im Consumer-Umfeld aber auch den Industriebereich betrifft, noch vieles im Dunkeln. Und angesichts der scheinbar ins Unendliche wachsenden Rollout- und Lizenz-Kosten brennt den Mobilfunkbetreibern vor allem die Frage nach den "Killerapplikationen" unter den Nägeln, mit denen die Investitionen wieder hereingeholt werden können.5G bringt neue Smartphones
Eine weitere Unbekannte in der 5G-Gleichung stellen die dazu erforderlichen Endgeräte dar. Nachdem es in den vergangenen Jahren auf dem MWC um neue Smartphones, Tablets und andere mobile Gadgets etwas ruhiger geworden war, könnte es dieses Jahr geräteseitig wieder spannend werden, insbesondere bei den Smartphones.
Dafür gibt es gleich mehrere Gründe. Zum einen werden erste 5G-kompatible Smartphones erwartet, nachdem in zahlreichen Ländern bereits 5G-Netze ausgerollt oder zumindest geplant werden. So kündigte der Chipriese Qualcomm bereits im Januar im Rahmen seiner Pressekonferenz auf der CES in Las Vegas an, im Laufe des Jahres die Chipsätze und RF-Frontends für mehr als 30 verschiedene Smartphone-Modelle zu liefern, die sich mit den 5G-Netzen verbinden können.
Zum anderen stehen gerade die führenden Gerätehersteller angesichts des zuletzt schrumpfenden Smartphone-Marktes und des gestiegenen Wettbewerbs im Top-Segment unter Zugzwang. Angesichts der bereits durchgesickerten Informationen kann man davon ausgehen, dass das Rennen um Smartphones mit weiter verbesserten Kameras und neuen Formfaktoren auf dem MWC einen neuen Höhepunkt nehmen wird. Selbst wenn Samsung mit der Vorstellung von Galaxy-10-Modellen bereits vorgeprescht ist, stehen noch einige neue Smartphone-Boliden von Mitbewerbern wie Huawei, LG, OnePlus, Xiaomi etc. aus.
Launchpad für Falt-Smartphones
Und wenngleich der relativ unbekannte Hersteller Royole gleich zu Jahresbeginn die CES in Las Vegas zur Vorstellung des ersten kommerziellen Falt-Smartphones ("FlexPai") genutzt hat, werden auf dem MWC19 Barcelona gleich mehrere Hersteller ihre Modelle mit flexiblen Displays vorstellen. Im Gespräch sind neben Samsung (Galaxy Fold) unter anderem Huawei, Oppo und Xiaomi - LG soll sich dagegen kurz vor dem Event gegen eine Präsentation in Barcelona entschieden haben. Es sei noch zu früh für ein faltbares Smartphone, so das LG-Management Presseberichten zufolge.
Mobiltelefone sind aber nur ein Beispiel für die Vielfalt an Geräten, die auf dem MWC präsentiert werden. Daneben gibt es Tablets, Notebooks, Smart Watches, Smart Speaker und anderes Smart-Home-Equipment oder Drohnen. Seit einigen Jahren nutzen auch Autohersteller die Messe in Barcelona, um ihre mobilen Geräte zur Schau zu stellen - samt damit verbundenem Ökosystem und Connectivity-Lösungen. So haben dieses Jahr Anbieter wie BMW, Daimler, Ford, SEAT, Toyota und Volkswagen Ausstellungsflächen auf der Messe, während sich Tesla erstmals an der NexTech-Ausstellung in Halle 8 beteiligt. Der scheidende Daimler-Chef Dieter Zetsche nimmt außerdem an einer Keynote am Eröffnungstag teil.
Zusammenspiel von KI, IoT & Co.
Noch größere Geräte gibt es in Form von Industrieanlagen (bzw. Teilen davon) an verschiedenen Ständen auf der Ausstellung zu bestaunen. So ist (Industrial) IoT beziehungsweise Industrie 4.0 schon länger ein gesetztes Thema auf dem MWC sowohl im begleitenden Konferenzprogramm wie auch in den Messehallen mit Ausstellern wie Accenture, Huawei, Microsoft oder SAP.
Wie bereits beim gemischten Produktportfolio dieser Anbieter zu erkennen ist, lassen sich Themen wie Angewandte KI, Industrie 4.0 sowie Vernetzung nicht mehr sauber voneinander trennen: Heute sind es vor allem von KI, Robotik, IoT oder AR/MR/VR angetriebene Innovationen, die die Industrie verändern und dies insbesondere, wenn 5G oder andere mobilen Übertragungstechniken (z.B. NB IoT) mit ins Spiel gebracht werden.
Ein Hotspot für diese neuen Technologien ist auf der Messe seit Jahren die sogenannte GSMA Innovation City in Halle 4, wo zahlreiche Anwendungsbeispiele für IoT gezeigt werden. Hier stehen visionäre Business-Lösungen Seite an Seite mit bereits realisierten Smart-City-Innovationen, die bereits in der Praxis eingesetzt werden. Zu den Ausstellern, die hier Demos vorführen, gehören in diesem Jahr Google, Huawei, Sierra Wireless und die Mobilfunkanbieter KT und Turkcell.
Aber auch an anderen Orten auf der Messe bekommen die MWC-Besucher reichlich Gelegenheit, sich einen Eindruck über die Zukunft von Produktion, Logistik oder Robotertechnik zu verschaffen, oder in Demos die neuesten Möglichkeiten von Augmented oder Virtual Reality gezeigt zu bekommen.
Ringen um das digitale Vertrauen
Natürlich werden auf der diesjährigen Ausstellung auch die Schattenseiten der immer weiter um sich greifenden Vernetzung der Welt adressiert. Nachdem die jüngsten Skandale das Vertrauen in das digitale Ökosystem untergraben haben, gilt es nun mit einem stärkeren Schutz der Daten gegenzusteuern. Wie dies technisch möglich ist, demonstrieren auf dem Showfloor Hersteller wie Giesecke & Devrient, Gemalto, Kaspersky oder Rohde & Schwarz. Gleichzeitig gibt es während der Veranstaltung zahlreiche Diskussionen zu Themen wie Digitales Vertrauen oder den Grenzen der Datennutzung durch Künstliche Intelligenz (KI) - sowohl auf dem Podium aber auch hinter verschlossenen Türen zwischen Industrie, Regierungsvertretern und Regulierungsbehörden.
Für jeden was dabei
Darüber hinaus gibt es noch eine ganze Fülle an weiteren Themen wie Mobile Apps, Mobile Advertisement, Mobile Health, Mobile Messaging…, von den ganzen Carrier-spezifischen Aspekten wie Network Function Virtualisation (NFV) oder Software Defined Networks (SDN) ganz zu schweigen. Letztendlich macht dies bei allem Wahnsinn, den der Moloch MWC zu bieten hat, auch seinen besonderen Reiz aus: Es ist für jeden Besucher etwas dabei, unabhängig davon, für welchen Teil des Mobile-Universums er sich interessiert. Und mit etwas Glück stößt man bei einem Bummel über die Messehallen auf den nächsten großen Trend. Die COMPUTERWOCHE ist auf jeden Fall vor Ort und berichtet aus Barcelona über die neuesten Produkte und Trends der Messe.